Kopf der Woche: Jan Mühlethaler

Velofahren und Filmen, das ist seine Kombination: Der Berner Jan Mühlethaler zeigt am Sonntag im «Lichtspiel» seinen Experimentalfilm über ein Ultravelorennen im Tessin.

JanMuehlethaler

April 2023, irgendwo in der Tessiner Bergregion Malcantone. Jan Mühlethaler liegt mit seiner Super-8-Kamera Marke Leicina auf der Lauer – mit ihrem Handgriff erinnert sie an eine Maschinenpistole. Doch wer von der Leicina ins Visier genommen wird, hat nichts zu befürchten. Mühlethaler befindet sich an einem sogenannten Checkpoint. Dort treffen nach und nach Velofahrer*innen des Ultracycling-Rennens Deadends & Dolci ein. Der Name ist Programm: Auf ihrer Reise fahren sie in fünf abgelegene Sackgassen im Tessin, wo sie jeweils einen Stempel und ein Stück Kuchen bekommen.

Der 43-Jährige Berner – selbst begeisterter Velofahrer – hat sie dabei begleitet. Um schneller und flexibler zu sein, auf dem Rücksitz eines Motorrads. Entstanden ist dabei ein sechs Minuten langer Experimentalfilm, der bereits an Festivals in Tokyo, Buenos Aires und Porto lief. Am Sonntag zeigt der Berner den Film zum ersten Mal einem Schweizer Publikum. Und zwar um 20 Uhr im Kino Lichtspiel im Marziliquartier, das im Anschluss noch Velo-Trouvaillen aus dem Film-Archiv zeigt. 

«Mir gefällt das Rohe und Limitierende», sagt Mühlethaler über seinen Ausflug ins Analoge. Als Filmemacher ist er ansonsten mit Kameras der neuesten Generation unterwegs. Bei analogen Super-8-Kameras hingegen ist nicht direkt ersichtlich, ob Schärfe und Belichtung wirklich stimmen. Ausserdem kostet eine Filmrolle à drei Minuten rund 40 Franken. Dementsprechend gespannt war der 43-Jährige, als er die entwickelten und digitalisierten Aufnahmen zurück erhielt. Weil dies in der Schweiz technisch nicht möglich war, musste er sie an ein Berliner Labor schicken. 

Das Rohmaterial sorgte bei Mühlethaler zunächst für «gemischte Gefühle» – hin und wieder gab es überbelichtete und unscharfe Sequenzen. Doch nach und nach findet sich darin eine alternative Bildsprache – fernab von Hochglanz-Influencervideos –  die zum alternativen Radrennen zu passen scheint. Angetrieben habe ihn dabei auch die Filmmusik von Rob Aeberhard, so der Filmemacher: «Das war wie ein Ping-Pong-Spiel». 

Die Premiere vor Publikum am Sonntag verbindet Mühlethaler zuvor mit einer Veloausfahrt. Denn er ist in der hiesigen Szene kein Unbekannter:  Er hat vor rund zehn Jahren die Gruppierung «Grüsse von Draussen» ins Leben gerufen, die unterdessen unzählige gemeinsame Ausfahrten organisiert hat – GvD-Aufkleber an beinahe jedem grösseren Anstieg der Region zeugen von der grossen Anhängerschaft. Im April steht beispielsweise wieder «Flanbern» auf dem Programm. Dabei fahren die Teilnehmer*innen verschiedene Pflastersteinabschnitte rund um Bern ab und schauen im Anschluss die Flandern-Rundfahrt, einen Rad-Klassiker, im TacTac Velogeschäft. 

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