Spielplatz oder Parkplatz

Kauft die Stadt Bern in Bümpliz ein Grundstück für 3,5 Millionen Franken? Behält Köniz den Spez-Sek-Sonderfall am Gymer Lerbermatt? Eine Abstimmungshilfe für den 19. November in Kürzestform.

Bümpliztour mit Thomas Fuchs
Das ist der Parkplatz vor dem Galenica-Gebäude in der Untermatt, den die Stadt Bern für 3,5 Millionen Franken kaufen möchte, um ihn in einen Spiel- und Begegnungsort umzuwandeln. (Bild: Danielle Liniger)

Kaum sind die nationalen Wahlen vorbei, folgt am 19. November schon der nächste Abstimmungssonntag. Man merkt selbst den engagiertesten Politiker*innen eine gewisse Müdigkeit an, weshalb nur zaghafte Abstimmungskämpfe in Fahrt kommen.

Die «Hauptstadt» gibt zu den drei Vorlagen in der Stadt sowie zur Spez-Sek-Initiative in Köniz einen Kurzüberblick über die wichtigsten Argumente.

Spielplatz Untermatt

Die Stadt Bern will im Untermattquartier zwischen Weyerli und Bümpliz für 3,5 Millionen Franken ein Grundstück kaufen. Das Areal ist eingezontes Bauland. Heute dient es als Parkplatz vor dem Hauptsitz des Apothekenkonzerns Galenica und soll in einen Spiel- und Begegnungsplatz umgewandelt werden. Als die Kaufabsicht der Stadt bekannt wurde, machte das Prädikat «teuerster Spielplatz der Schweiz» die Runde, später sogar «teuerster Spielplatz der Welt». Zu einer Abstimmung kommt es, weil die Gegner*innen das Referendum ergriffen haben. Gegen den Bodenkauf haben sich die SVP und FDP und GLP positioniert, für ein Ja sind GB, GFL, SP und EVP. 

Als die «Hauptstadt» im Februar während einer Woche in Bümpliz-Bethlehem zu Gast war, kam sie auf einer Begehung mit einem Gegner, SVP-Politiker Thomas Fuchs, und einer Befürworterin, Quartierarbeiterin Stephanie Schär, am fraglichen Parkplatz vorbei. Das Argumentarium hat sich seither nicht entscheidend verändert.

Bümpliztour mit Thomas Fuchs
«Nicht nötig, Preis zu hoch»: SVP-Politiker Thomas Fuchs am Ort, der zum «teuersten Spielplatz der Welt» werden soll. (Bild: Danielle Liniger)

Die Spielplatz-Idee steht im Zusammenhang mit der grossen Wohnüberbauung Weyer West. Westlich des Weyermannshausbads soll in den nächsten Jahren ein neues Quartier mit rund 1000 Wohnungen entstehen. «Die Stadt kann im neuen Quartier problemlos einen Spielplatz bauen, da braucht es diesen hier nicht – insbesondere nicht zu diesem Preis», sagte Fuchs, als er auf dem Parkplatz stand.

Untermattquartier, Bern-West.
(Yoshiko Kusano)
Ein gutes Zusammenleben sei nicht möglich, wenn die Voraussetzungen dazu nicht geschaffen würden: Quartierarbeiterin Stephanie Schär. (Bild: Yoshiko Kusano)

Stephanie Schär hielt am gleichen Ort fest, dass mit Weyer West eine Mittelstandsüberbauung direkt neben ein multikulturelles Quartier zu liegen komme, in dem vor allem weniger privilegierte Menschen leben. Vom «teuersten Spielplatz» zu reden, sei irreführend: «Wir reden darüber, hier einen zentralen Begegnungs- und Austauschort für das künftige Grossquartier zu schaffen.»

Budget 2024

Bei der Abstimmung über das Budget der Stadt Bern für 2024 wiederholt sich die politische Konstellation der letzten Jahre. Die rot-grüne Stadtregierung hat einen Voranschlag mit einem Defizit von 37 Millionen Franken vorgelegt. Der ebenfalls rot-grün dominierte Stadtrat packte in seiner Debatte noch einmal 2 Millionen Franken obendrauf. Das Volk stimmt nun wie im letzten Jahr über ein Budget ab, das die Linke bis und mit EVP befürwortet, die Bürgerlichen, die Mitte und die GLP ablehnen.

Die Stadt sei wachstumsbedingt mit strukturellen Kosten konfrontiert – etwa dem steigenden Bedarf an Schulraum. Zudem könnten Investitionen in Massnahmen zum Klimaschutz nicht mehr aufgeschoben werden. Das sagen die Befürworter*innen. Die Budget-Gegner*innen sagen: Die Finanzpolitik der Stadt Bern sei nicht nachhaltig. Investitionen würden mit Schulden finanziert, was den Spielraum künftiger Generationen einschränke.

Argumente der Gegner*innen findest du hier, diejenigen der Befürworter*innen hier.

Hochwasserschutz Aare

Es geht um mehrere Massnahmen zum Hochwasserschutz entlang der Aare, unter anderem eine massive Schutzmauer aus Sandstein in der Matte. Die Kosten betragen insgesamt 150 Millionen Franken, wovon die Stadt aber wegen Bundes- und Kantonsbeiträgen nur zwischen 55 und 75 Millionen Franken bezahlen muss. Diese Abstimmung ist bis zu einem gewissen Grad eine demokratiepolitische Trockenübung: Sollte die Vorlage vom Volk abgelehnt werden, würde der Kanton sie später wohl trotzdem mit den gleichen Kostenfolgen für die Stadt umsetzen, weil er seit 2015 für den Hochwasserschutz zuständig ist.

Auslöser für die Vorlage waren die Hochwasser von 1999 und 2005. Seit 2013 beschäftigt sich die Verwaltung mit dem Hochwasserschutz, der wegen Protesten namentlich aus dem Altenberg, mehrfach angepasst wurde. Das so lange austarierte Projekt, wie es die zuständige Gemeinderätin Marieke Kruit im Stadtrat darlegte, ist bei den politischen Parteien nicht bestritten.

Spez-Sek Köniz

Kein Berner Gymnasium hat mehr eine «Spez-Sek»-Klasse, Köniz hingegen hat bis jetzt daran festgehalten. Seit Jahren wird darüber gestritten. Die Gemeinde-Abstimmung am 19. November könnte den vorläufigen Schlusspunkt markieren.

Wer ausserhalb der Gemeindegrenzen von Köniz lebt, und beim «Spez-Sek»-Modell am Gymnasium Lerbermatt ein bildungspolitisches Nischenthema vermutet, liegt falsch. Es ist das Könizer Thema, zu dem Aussenstehende oder Neuzuzüger*innen nicht leicht den Zugang finden.

Seit rund 20 Jahren diskutiert die Gemeinde über das Für und Wider einer besonderen Sekundarklasse für Schüler*innen der 7. und 8. Klasse, die organisatorisch dem Gymnasium Lerbermatt angegliedert ist. 

Wer sich fragt, was denn nun eine ans Gymnasium angeschlossene «Spez-Sek» auszeichnet, landet bereits mitten in der Debatte: Die Befürworter*innen sagen, Schüler*innen können sich dort schrittweise in den gymnasialen Schulbetrieb einleben und von der guten Infrastruktur vor Ort profitieren. Allein die konstant hohen Anmeldezahlen sprächen für das etablierte Modell.

Für Gegner*innen ist der undurchlässige «Spez-Sek»-Sonderfall an der Lerbermatt hingegen ein «Relikt aus alten Zeiten». Es sei schlichtweg «am Ende des Lebenszyklus angekommen», sagt zum Beispiel die grüne Gemeindeparlamentarierin Monika Röthlisberger. Rahel Gall, ebenfalls Parlamentarierin, allerdings für die SP, findet, dass die bisherige Regelung das duale Bildungssystem schwäche und nicht förderlich für die Chancengerechtigkeit sei.

Passt sich Köniz dem Berner Normalfall an, würden die «Spez-Sek»-Klassen an der Lerbermatt ab dem Schuljahr 2024/25 entfallen. Das würde auch Räume am Gymnasium schaffen, das wie alle Berner Gymnasien immer wieder mit Platzproblemen zu kämpfen hat.

Die Pro- und Contra-Argumente zur Spez-Sek-Initiative findest du hier und hier.

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