Magnolienbaum – «Hauptstadt»-Brief #293

Donnerstag, 14. März 2024 – die Themen: Botanischer Garten, Solarausbau, Studierendenverbindung, Antisemitismus, Verlust beim Inselspital, Armutsbekämpfung, ein Uni-Portrait und Nachtleben-Tipps.

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(Bild: Marc Brunner, Buro Destruct)

Ist das schon das fortschreitende Alter? Ich erfreue mich auf jeden Fall an den ersten Blüten, die in diesen Tagen den Frühling ankündigen. Krokusse, Kirschbäume, Narzissen – sie sorgen für Farbtupfer im Märzgrau.  Ein paar Schritte voraus ist der Botanische Garten (Boga). Weil er an einem Sonnenhang liegt, startet der Frühling dort in der Regel früher. So früh wie dieses Jahr entwickelte sich die Vegetation aber noch selten. Ein guter Indikator dafür ist im Boga der Magnolienbaum vor dem Institut für Pflanzenwissenschaften. Institutsmitarbeitende wetten jedes Jahr darauf, wann die erste Knospe aufgeht.  «Dieses Jahr war das bereits am 25. Februar», sagt Adrian Möhl. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Botanischen Garten. Die rund 6000 Pflanzenarten im Boga können mit den frühen Frühlingen und steigenden Temperaturen der letzten Jahre unterschiedlich gut umgehen. Möhl: «Mediterrane Gewächse müssen wir im Winter kaum mehr schützen – alpine Pflanzen leiden dagegen unter der Sommerhitze». Im Alpinum, einem felsigen Gartenteil mit vielen Gebirgspflanzen, gibt es deshalb immer weniger Arten. Dafür kann man hier jetzt schon erleben, wie die Blütezeit in den Hochalpen aussieht, welche dort erst in den Sommermonaten beginnt: Aurikel, Himmelsherold und Enziane wachsen dem Himmel entgegen. Im übrigen Botanischen Garten startet der Frühling in die zweite Runde: Vereinzelt sind schon Buschwindröschen zu sehen. Wenn im Boga am Freitag die Museumsnacht startet, sind Krokusse und Schneeglöckchen schon verblüht. Eine Sorge weniger für Mitarbeitende wie Möhl: Diese Pflanzen drohten in den vergangenen Jahren häufig von zahlreichen Besucher*innen platt getreten zu werden – jetzt schlafen sie bereits wieder im Boden.

Auf der Kommode eines WG-Zimmers: Ein bunter Mix aus Schulmaterialien, Kosmetikprodukten und Schmerztabletten - eine lebendige Collage des täglichen Lebens.
Auf der Kommode eines WG-Zimmers: Ein bunter Mix aus Schulmaterialien, Kosmetikprodukten und Schmerztabletten – eine lebendige Collage des täglichen Lebens. (Bild: Malika Talha)

Und jetzt noch zu anderen Themen des Tages: 

  • Solarausbau: Die bürgerliche Mehrheit im bernischen Grossen Rat will auf eine Solarpflicht bei bestehenden Bauten verzichten und dafür die Betreiber*innen grosser Parkplätze zum Bau einer Solaranlage verpflichten. Damit wird die Ende 2021 von den Grünen eingereichte Gesetzesinitiative weiter umgestaltet, wie die Nachrichtenagentur SDA berichtete. Diese Initiative hatte eine Solarpflicht nicht nur bei Neubauten, sondern auch bei bestehenden Bauten gefordert, sofern sich die Dach- und Fassadenflächen eignen und die Installation zumutbar ist. Die Kantonsregierung legte einen abgeschwächten Gegenvorschlag vor – der bürgerlichen Mehrheit im Grossen Rat ging aber auch dieser zu weit.  
  • Studierendenverbindungen: Meine Kolleginnen Andrea von Däniken und Lea Sidler sind der Frage nachgegangen, warum Studentenverbindungen wie die hundertjährige Berner Zofingia immer noch junge Männer anziehen. Für diese ist das Verbindungshaus ein Rückzugsort, Treffpunkt und Ausbruch aus der eigenen «Bubble» – in ihrer Reportage sind von Däniken und Sidler in einen vielfältigen Kosmos eingetaucht.  
  • Antisemitismus: Im Kampf gegen Antisemitismus sollen die städtischen Behörden in die Pflicht genommen werden. In dieser Woche werden im Stadtrat allein drei Vorstösse eingereicht, die unter anderem eine Antisemitismusbeauftragte und eine digitale Anlaufstelle für Betroffene fordern, wie Bund/BZ berichtet hat. Aus der fraktionsübergreifenden Motion, die der «Hauptstadt» ebenfalls vorliegt, geht hervor, dass sich auch in Bern Fälle von Antisemitismus häufen – gerade auch an Schulen. Demnach werden jüdische Kinder gemobbt und zum Teil auch physisch angegriffen. In Bern startet am Samstag die Aktionswoche gegen Rassismus. Dabei gibt es auch verschiedene Veranstaltungen, die sich an Lehrer*innen und Schüler*innen richten oder sich mit allgemein mit der Ausbildung beschäftigen.
  • Gesundheitswesen: Die Insel-Gruppe hat im Jahr 2023 einen Konzernverlust von rund 113 Millionen Franken geschrieben. Der Verlust lag damit nochmals fast 33 Millionen Franken über demjenigen im Jahr zuvor, wie das Spital am Mittwoch mitgeteilt hat. Die Spitalschliessungen in Münsingen und in der Tiefenau hätten mit rund 30 Millionen Franken zu Buche geschlagen. Auch die Inbetriebnahme des Anna-Seiler-Hauses belastete die Bilanz – vor allem durch Erstausstattungskosten. Welche Herausforderungen auch auf die Insel-Gruppe warten, haben meine Kolleg*innen Marina Bolzli und Jürg Steiner in diesem Artikel recherchiert.  
  • Armut: Der Berner Regierungsrat soll aufzeigen, welches Ausmass die Armut im Kanton angenommen hat und wie sie wirksam bekämpft werden könnte. Der Grosse Rat hat in diesem Zusammenhang am Dienstag einen Vorstoss von Rahel Ruch (Grüne) in Form eines Postulats überwiesen. Durch die Auswirkungen der Pandemie, die Inflation, steigende Mieten und Krankenkassenprämien seien immer mehr Haushalte von Armut bedroht, sagte Ruch gemäss der Nachrichtenagentur SDA. Welche Strategien es zur Überwindung von Armut gibt, hat meine Kollegin Flavia von Gunten in diesem Artikel beschrieben.  
  • Uni-Leben: Raffaele Cioffo erzählt in der vierten Folge unserer Uni-Portrait-Reihe, wie er Spitzensport und Studium unter einen Hut bringt. Der 22-Jährige pendelt zudem zwischen zwei Welten: Dem konservativen Zug auf der einen Seite und seiner neuen Wahlheimat, dem bunten Bern, auf der anderen.  
  • Nachtläbe: Wer in diesen Tagen in den Ausgang geht, muss nicht nur auf die Museumsnacht schielen. Nachtflohmi, Techno, Afrobeat: Meine Kolleginnen Andrea von Däniken und Edith Krähenbühl haben sich zusammen mit dem Bewegungsmelder durch die kulturellen Veranstaltungen gearbeitet und einmal mehr die Highlights herausgegriffen.

PS: Die «Pecore Ribelli» sind wieder los. Am kommenden Samstag lädt der italienischsprachige Kulturverein zum Konzert: Der Sänger Alberto Bertoli tritt ab 20 Uhr in der Markuskirche in der Tellstrasse auf. Der Eintritt ist gratis.

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