Schulstart, IT-Probleme, Zölle
News vom Samstag, Hauptstadt-Brief #494
Am Montag beginnt für über 116’000 Kinder und Jugendliche im Kanton Bern das neue Schuljahr. Das sind etwas mehr als letztes Jahr. Seit Jahren steigt die Zahl der Schulkinder im Kanton. Genügend Lehrpersonen für sie zu finden, ist ebenfalls seit Jahren ein Problem.
Der Lehrpersonenmangel sei mittlerweile von einer Krise zum «neuen Normalzustand» geworden, sagte Niels Lang, Co-Präsident des Berufsverbands Schulleitungen Bern, am Donnerstag. Er trat an einer von Bildungsdirektorin Christine Häsler (Grüne) geleiteten Medienkonferenz anlässlich des Schulstarts auf.
Die Message der kantonalen Schulexpert*innen lautete: Die Lage bleibt angespannt, aber die bereits getroffenen Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel wirken. Für das kommende Schuljahr konnten alle unbefristeten Stellen besetzt werden.
Das ist auch den rund 2000 Studierenden der PH Bern zu verdanken, die aktuell bereits als Lehrer*innen tätig sind. «Die PH leistet einen ausserordentlichen Beitrag», lobte Regierungsrätin Christine Häsler. Die Hochschule hat ihre Angebote stark an den Fachkräftemangel angepasst. Neben den Studierenden unterrichten auch zahlreiche Quereinsteiger*innen ohne Diplom an den Berner Schulen.
Auch der Kanton hat ins Schulsystem investiert: Seit letztem Schuljahr erhalten Klassenlehrpersonen mehr Stellenprozente und eine monatliche Zulage von 300 Franken für ihre Aufgaben. Ab Montag bekommen auch die Schulleiter*innen mehr Stellenprozente. «Es gibt für die Stärkung der Schulen viel zu tun. Aber wir sprechen nicht nur von Verbesserungen, sondern sie gelingen uns auch», sagte Häsler.
Als nächstes sollen die Schulsekretariate gestärkt werden. Die Idee muss allerdings zuerst eine Mehrheit im Grossen Rat finden. Häsler wird dieses Geschäft vermutlich nicht mehr zu Ende bringen. Sie startet in ihr letztes Schuljahr als Bildungsdirektorin. Bei den kantonalen Wahlen vom kommenden Frühjahr tritt sie nicht mehr an.
- Zölle: Am Donnerstag ist Trumps Zollhammer für die Schweiz in Kraft getreten. Wie gehen Berner Unternehmen damit um? Das hat mein Kollege Jürg Steiner Thomas Warring gefragt. Warring ist Geschäftsführer des Gümliger Lebensmittelherstellers Haco und Präsident der Berner Arbeitgeber. Er findet: Die Zölle sind ein Stressfaktor, noch schlimmer aber ist die andauernde Unsicherheit, die Trump in der Wirtschaftswelt generiert.
- Kopftuch: Im Kanton Bern ist es muslimischen Lehrerinnen verboten, im Unterricht ein Kopftuch zu tragen. In Worb wurde einer Lehrerin deswegen gekündigt. Bildungsdirektorin Christine Häsler vertritt die strikte Haltung: Religiöse Symbole gehören nicht vor Schulklassen. SP-Stadtrat Fuat Köçer, mutmasslich einer von sehr wenigen muslimischen Schulleiter*innen im Kanton Bern, kritisiert die Regel scharf. Warum, kannst du in diesem «Hauptstadt»-Artikel lesen.
- IT-Panne: Das gemeinsame Informatikprojekt Nevo/Rialto von der Berner Polizei und der Staatsanwaltschaft kostete den Kanton bisher über 23 Millionen Franken. Die Kapo führte die Software 2022 ein, bei der Staatsanwaltschaft war dies für 2026 geplant. Das System hätte eine «digitale Brücke» zwischen den beiden Behörden herstellen sollen. Doch nun wird dessen technische Grundlage vom Anbieter SAP voraussichtlich nicht weiterentwickelt. Das teilte der Kanton am Donnerstag mit. Die Behörden hätten im Juli von den Lieferantinnen Swisscom und Deloitte je ein Schreiben erhalten. Nun brauche es eine Neubeurteilung, verkündet der Kanton. Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) ist «überrascht», wie Bund/BZ schreiben. Der Kanton wolle voraussichtlich im Herbst über die weiteren Schritte informieren. Bern ist schweizweit der einzige Kanton, der auf Nevo/Rialto setzt.
- Psychiatrie: Die Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) und das Psychiatriezentrum Münsingen (PZM) setzen mit Karin Hunziker eine gemeinsame Personalchefin ein. Das teilten die Institutionen am Donnerstag mit. Damit rückt die geplante Fusion der beiden Psychiatrien, die sie bis spätestens 2027 anstreben, einen Schritt näher.
- Polizei: Gestern Nachmittag wurden drei Polizisten bei einer Verfolgungsjagd in Wabern verletzt, wie die Kapo mitteilt. Beim Stellen einer flüchtigen Autofahrerin rammte das flüchtende Fahrzeug zwei Polizeiautos. Die Autofahrerin soll am Tag zuvor eine Person angefahren und Fahrerflucht begangen haben.
- Protest: Kürzlich sprach das Berner Obergericht eine Mitarbeiterin von Amnesty International frei. Die Stadt Bern hatte sie zu einer Busse von 300 Franken verurteilt, weil sie gemeinsam mit Arbeitskolleg*innen bei der russischen Botschaft in Bern eine Petition gegen den Angriffskrieg auf die Ukraine einreichen wollte. Die Gruppe hatte eine Peace-Flagge und ein kleines Pappschild mit dabei. Das städtische Polizeiinspektorat stufte diese Aktion als bewilligungspflichtige Kundgebung ein und sah einen Verstoss gegen das Kundgebungsreglement. Die Republik hat den Prozess begleitet.
- Kolumne: Wer könnte der Schweiz im Zoll-Battle mit Herrn Trump helfen? Die Schweizergarde mit ihren Hellebarden. Hier geht’s zum neuesten Wurf der Askforce.
- Schlangenfrau: Nina Burri beendet ihre Karriere. Die 47-Jährige Bernerin trat während fast 20 Jahren als Schlangenfrau auf. Davor war sie Balletttänzerin. Aufgrund von Hüftproblemen tritt sie nun zurück, wie sie am Freitag bekanntgab. Ende 2025 wird sie ihre letzte Show zeigen.
- Rückblick: Bilder von der Fussball-Europameisterschaft der Frauen haben den Hauptstadt-Brief durch den Sommer begleitet. Wir zeigen noch einmal alle Fotos und lassen die «Hauptstadt»-Fotograf*innen erzählen, wie sie das Turnier erlebt haben.
PS: Diese Woche ist das Kino im Kocher gestartet, und das Wetter spielt sogar mit! Heute Abend läuft E.T. Um circa 21 Uhr im Kocherpark, Eintritt frei mit Kollekte.
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