Zmittag in der Länggasse
Die «Hauptstadt» hat ihre Redaktion für eine Woche an die Uni Bern verlegt. Aus der Mittagspause berichtet sie über die Gastronomie aus Mensen und dem Uniquartier Länggasse.
Pittaria, Betenjan-Pitta
Die Pittaria liegt keine drei Gehminuten vom Hauptgebäude der Uni entfernt. Ich treffe kurz vor zwölf im Restaurant ein, um die Schlange zu vermeiden, die sich hier über Mittag gerne bildet. Tatsächlich steht vor mir erst eine Person an, es reicht für einen kurzen Blick in die Karte. Zehn Speisen sind hier im Angebot – jeweils als Pita in der Brottasche oder für einen Aufpreis auf dem Teller. Falafel, Halloumi, Hummus und Gemüse in verschiedenen Kombinationen machen das Menü aus. Besonders für die guten Falafeln ist die Pittaria bekannt, der Gründer und Inhaber Sami Daher trägt auch den Spitznamen «Falafel-König».
Das Flaggschiff Falafel-Taschenbrot (vegan!) ist mit 15 Franken dann auch am günstigsten. Wer Fleisch ins Brot will, ist ab 17 Franken dabei. Ich entscheide mich für das Betenjan-Pita, mit 16 Franken im preislichen Mittelfeld. Bestellt wird drinnen, abgeholt draussen. Durch das Ausgabe-Fenster des Restaurants kann man in die Küche blicken, zuschauen, wie das eigene Brot befüllt wird. Viel Zeit bleibt dafür nicht, nach zwei Minuten bin ich wieder auf dem Weg Richtung Uni.
In der Hand trage ich mein Taschenbrot, gefüllt mit Auberginen, Süsskartoffeln, Peperoni und Kürbis und einem ominösen «orientalischen Käse». Das Pita wirkt auf den ersten Blick etwas klein, duftet süsslich und ist mit ordentlich Kresse garniert. Ich setze mich in die Cafeteria des Uni-Hauptgebäudes, die sich im Keller befindet. Neben mir essen Studis aus Tupperwares und Takeaway-Boxen. Das Ambiente ist trotz unterirdischer Lage angenehm, der Lärmpegel absolut erträglich.
Nun die ersten Bisse. Lecker. Das Gemüse ist perfekt weich, liegt in einer süsslich-sauren Sauce. Das Brot schmeckt frisch, wenn auch nicht besonders kross. Je länger man isst, desto weicher wird das Pita, saugt sich mit Sauce voll. Die Konsistenz kommt nach einigen Minuten jener des Gemüses gefährlich nahe. Schnell essen lohnt sich. Das kann man dem Pita nicht per se vorwerfen, ist es doch ein bekanntes Problem beim brot-basierten Takeaway (siehe auch: Döner). Das saubere Essen braucht dann etwas Geschick. Ich bin froh um die mitgereichte Serviette.
Auch die kleine Holzgabel, die im Pita steckt, kommt zum Zuge: Das Brot löst sich von unten nämlich langsam auf. Unter Einsatz des Werkzeugs lässt sich das Loch dann stopfen, die Füllung bleibt im Brot. Gegen Ende der Mahlzeit merke ich, dass das Pita doch grösser ist als gedacht. Ich werde locker satt, was man für 16 Franken auch erwarten kann. Einen Studi-Rabatt gibt es übrigens nicht, dafür kleinere Portionen für 2-3 Franken weniger.
Sättigend und geschmacklich sehr gut, bleibt mir mein Mittagessen in bester Erinnerung. Auf eine Erinnerung hätte ich jedoch verzichten können: die hübsche Kresse, mit der grosszügig garniert wird, hinterlässt bis am Abend einen knoblauchigen Geschmack im Mund. (Linus Küng)
Sicula, Pizza Marinara a portafoglio (San Marzano Tomaten, Knoblauch, Oregano, Olivenöl mit Basilikum)
Und auf einmal eröffnet sich eine ganze Welt. Ein Korridor voller Geschmäcker, Gerüche, Sehnsüchte und Erinnerungen. Gerade standen wir noch auf dem Trottoir der Neufeldstasse im Länggassquartier, nun sind wir eingetaucht in Massimo Calandras Kosmos. Sicula*. «L‘immensità si apre intorno a noi», singt Lucio Battisti, einer der bekanntesten Cantautori Italiens, in «Il mio canto libero». Immense Weiten auch hier, und das in einer winzigen Backstube. Geschnittene Pizze bianche stapeln sich auf den Verkaufsregalen, goldbraune Panettone lachen uns an, Brotlaibe so gross wie Wassermelonen warten darauf, mit einem wuchtigen Messer angeschnitten zu werden.
Zur Mittagsstunde verkauft Massimo Calandra herzerwärmende Pizzen. Der Ofen zeigt 278 Grad an, das Aussenthermometer ungefähr fünf. Wir entscheiden uns für die Pizza Marinara a portafoglio für zehn Franken, die wir kurze Zeit später gefaltet in unseren Händen halten – und die uns den grauen und nasskalten Märztag für einen Moment vergessen lassen. Ist das da vorne noch die Mittelstrasse oder schon die Strasse von Messina?
Regionale und saisonale Zutaten, liebevoll verarbeitet. Nicht, weil Calandra es in irgendeiner Hochglanzbroschüre niedergeschrieben hat, sondern weil es mit den eigenen Augen zu sehen ist. Durch das Verkaufsfenster der Backstube. Das Mehl kommt aus Steffisburg, den Sauerteig hat der Sizilianer kurzerhand selbst gezüchtet. Nun stehen ihm «Maria» und «Nitto» zur Seite – so heissen die Teige, sie wollen gefüttert und geknetet werden. Und wenn Massimo auf Reisen ist – zum Beispiel auf Sauerteig-Fortbildung bei den berühmtesten «lievitisti» Italiens – werden die beiden Geschöpfe bei einem Berner Bekannten versorgt.
Reduziert wie der elegante grafische Auftritt des Siculas sind auch seine Öffnungszeiten. Am Mittag öffnet es zwischen 11:30 und 13:30 die Verkaufsstoren. Studierende treffen wir an diesem Tag keine an – obwohl das Lokal einen Rabatt von zehn Prozent für diese anbietet. Doch sehr wahrscheinlich bewegen wir uns schon ausserhalb des Uni-Perimeters. Dafür gefühlt näher an Sizilien, der gleissenden Sonne, dem süssen Duft der Orangenblüten, dem Jasmin und der Pinienbäume, mit denen Calandra aufgewachsen ist.
Ciao, ci vediamo.
*Der Name Sicula geht auf die Siculi zurück, die als Bewohner*innen Siziliens zur Zeit der griechischen Kolonisation gelten.
Uniess Bar und Lounge: Kichererbsencurry mit Süsskartoffeln auf Basmatireis
Angehende Jurist*innen und Wirtschaftswissenschaftler*innen sind heute hungrig. Die Schlange vor der Mensa-Theke in der UniS an der Schanzeneckstrasse ist schon vor 12 Uhr lang. Das ermöglicht uns, auf dem Leuchtscreen die berechnete Klimawirkung der verschiedenen Gerichte eingehend zu studieren.
Das Kichererbsencurry erhält mit einer Klimawirkung von +2.2°C das mittlere von drei Labels. Am klimaschädlichsten ist heute mit +3.2°C die Caesar Salad Bowl mit Lattich, Cherrytomaten, Poulet, Parmesan und Speck. Diese Klima-Kennzahlen listet der Zürcher Frauenverein alle Gerichte in seinen sechs Mensen auf, die er für die Universität Bern betreibt.
Wir wählen das Kichererbsencurry und dieses bleibt auch geschmacklich im Mittelfeld. Die Bezeichnung Curry ist irreführend. Die Sauce, in der ein Ragout aus Kichererbsen und Süsskartoffeln schwimmt, besteht in erster Linie aus Sojasauce. Das macht das Soja-Gericht (nicht Curry) zwar würzig und essbar, aber aufgrund der dominanten Sojasauce auch langweilig.
Der Menusalat ist ein Menusalat, wie man ihn in einer Mensa erwartet. Die Blätter sind leicht welk vom Herumstehen, die Sauce ist salzig. Und auch die Suppe hebt das Mittagsgericht nicht in den gastronomischen Himmel. Die Wirzbrühe schmeckt in Ordnung, ist aber sehr wässrig.
Trotz kulinarischem Mittelmass lohnt sich der Besuch in der Uniess-Mensa, wenn man günstig zu Mittag essen will. Denn ungefragt wird uns der ermässigte Studierenden-Tarif berechnet. Damit zahlen wir für das Menu 7.20 Franken und für die Suppe zusätzlich 1.50 Franken. Für diesen Preis essen wir ordentlich und die Enttäuschung über den eintönigen Geschmack hält sich in Grenzen.
Die eingesparten Franken (der Menupreis für Externe läge bei 13.50 Franken) investieren wir in einen Espresso und ein schmackhaftes Carac in der nahen Bäckerei von Bakery Bakery. Dank veganer Zutaten hält sich auch beim Dessert die Klimawirkung in Grenzen. (Joël Widmer)
Bakery Bakery Mensa an der Gertrud-Woker-Strasse: Pasta und Hotdog, alles vegan
Die allermeisten Mensen der Uni Bern betreibt der Zürcher Frauenverein ZFV. Die Genossenschaft führt schweizweit über 200 Gastronomiebetriebe und beschäftigt rund 2’700 Mitarbeitende.
Die Bakery Bakery ist dagegen eine Zwergin – aber eine aufstrebende. 2019 startete die selbsternannte «erste vegane Bäckerei der Schweiz» als Pop-Up bei der Gelateria di Berna. Heute verkauft Bakery Bakery an acht verschiedenen Standorten in den Städten Zürich, Bern und Basel. Sie beschäftigt rund 100 Mitarbeitende.
Im September 2023 eröffnete die Bakery Bakery die ehemalige Mensa Bühlplatz an der Gertrud-Woker-Strasse neu. Sie führt den Betrieb im Auftrag der Universität Bern. Das ganze Angebot ist – erwartungsgemäss – vegan (Kommentar eines Kollegen: «Nur Gertrud war woker»).
Die Auswahl ist überschaubar: Es gibt täglich Pasta, Hot Dogs und grünen Salat. Tomatensauce ist immer dabei, dazu eine wechselnde Spezialsauce. An diesem Montag ist es Züri Gschnätzlets. Sandwiches und Patisserie ergänzen die warmen Speisen.
Die Preise sind für alle gleich, Ermässigungen für Studierende gibt es nicht. Ein Menu bestehend aus Pasta mit Tomatensauce und kleinem Salat, dazu wahlweise ein Getränk oder ein Dessert, kostet 15 Franken. Nimmt man die Spezialsauce, gilt das Kombi-Angebot nicht – also 15.50 Franken für Pasta und den kleinen Salat. Ein klassischer Hot Dog (Röstzwiebeln und wahlweise Ketchup, Senf oder Chilli-Mayo) punktet mit günstigen 4.90 Franken. Einen Hot Dog mit Sauerkraut und veganen Speckwürfeln statt Röstzwiebeln gibt’s für 7 Franken.
Das Essen kommt in ästhetischem Geschirr auf pastellfarbenen Tableaus, auch die Servietten sind pastellrosa und der Zuckerguss auf den Caracs ebenso – die hippe Bakery Bakery bleibt ihrer Corporate Identity treu. Das gilt auch für ihre Gastronomie: Die Menus sind lecker, aber unspektakulär, und machen – wie meistens in In-Lokalen – nicht vollends satt. Kulinarische Höhepunkte aber sind die veganen Desserts. Zum Beispiel eine köstliche Cremeschnitte für 4 Franken. Und das grosse Schoggi-Gipfeli liefert allenfalls fehlende Kalorien nach.
Der schöne, helle, Zimmerpflanzen-begrünte Raum wird offenbar auch von Studierenden geschätzt, die ihr eigenes Essen mitbringen. Obwohl Schilder darauf hinweisen, dass mitgebrachtes Essen auf der Galerie und nicht im Erdgeschoss verzehrt werden soll, sind an den benachbarten Tischen Tupperwares mit Selbstgekochtem gut vertreten. Sympathisch ist: Die Menschen dürfen nicht nur ihr eigenes Essen, sondern auch ihre Kinder mitbringen. Ihnen steht ein hübsch gestaltetes, schalldichtes Spielzimmer zur Verfügung. (Jana Schmid)