«Spez-Sek» – altbewährt oder längst überholt?
Kein Berner Gymnasium hat mehr eine «Spez-Sek»-Klasse, Köniz hat bis jetzt daran festgehalten. Seit Jahren wird in der Gemeinde darüber gestritten. Bald kann sich das Stimmvolk äussern.
Montagabend im «Rossstall» des Schlosses Köniz. Das Gemeindeparlament kommt nach der Sommerpause zum ersten Mal wieder zusammen. Während draussen das Gemäuer nach einem Tag sengender Sonne langsam abkühlt, erhitzen sich drinnen die Gemüter. Die Parlamentarier*innen debattieren über das «Spez-Sek»-Modell am Gymnasium Lerbermatt. Wer darin ein bildungspolitisches Nischenthema vermutet, das schnell zu den Akten gelegt wird, liegt falsch. Es ist das Könizer Thema, zu dem Aussenstehende oder Neuzuzüger*innen allerdings nicht leicht den Zugang finden .
Seit rund 20 Jahren diskutiert die Gemeinde über das Für und Wider einer besonderen Sekundarklasse für Schüler*innen der 7. und 8. Klasse, die organisatorisch dem Gymnasium Lerbermatt angegliedert ist. Mit diesem Montagabend im Rossstall ist die «Spez-Sek»-Saga um ein Kapitel reicher.
Wer sich fragt, was denn nun eine ans Gymnasium angegliederte «Spez-Sek» auszeichnet, landet bereits mitten in der Debatte: Die Befürworter*innen sagen, Schüler*innen können sich dort schrittweise in den gymnasialen Schulbetrieb einleben und von der guten Infrastruktur vor Ort profitieren. Allein die konstant hohen Anmeldezahlen sprächen für das etablierte Modell, sagt zum Beispiel der Freisinnige Dominic Amacher.
Für Gegner*innen ist der «Spez-Sek»-Sonderfall an der Lerbermatt hingegen ein «Relikt aus alten Zeiten». Es sei schlichtweg «am Ende des Lebenszyklus angekommen», sagt die Grüne Gemeinderätin Monika Röthlisberger.
Sie findet, es sollte sein wie an den übrigen Berner Schulen, an denen die «Spez-Sek»-Klassen den Oberstufenzentren angegliedert sind. An Gymnasien steigen Schüler*innen normalerweise ab dem 9. Schuljahr ein, um nach vier Jahren die Matura abzulegen.
Passt sich Köniz dem Berner Normalfall an, würden die «Spez-Sek»-Klassen an der Lerbermatt entfallen. Das würde auch Räume am Gymnasium schaffen, das wie alle Berner Gymnasien immer wieder mit Platzproblemen zu kämpfen habe, finden die Gegner.
Klare Fronten also, doch warum befasst sich das Parlament überhaupt erneut mit dem politischen Dauerbrenner-Thema?
Schlussstrich eigentlich schon 2021 gezogen
Bereits 2021 sprach sich das Könizer Parlament gegen die Weiterführung der «Spez-Sek» am Gymnasium Lerbermatt aus, worauf sich allerdings Widerstand regte. Eine Initiative kam zustande, die den Entscheid rückgängig machen will. Die Folge: Es kommt zu einer Volksabstimmung.
Wie emotional das Thema für Köniz ist, zeigt die Tatsache, wie erbittert am Montag im Parlament über einzelne Formulierungen in der Abstimmungsbotschaft gestritten wurde. GLP, Grüne und SP monierten, dass Fakten und Meinung noch nicht deutlich genug getrennt worden seien.
Vom 21. bis zum 25.8. arbeitet die «Hauptstadt»-Redaktion in den Räumen der Villa Bernau in Wabern. Journalistisch legen wir in dieser Woche einen Schwerpunkt auf Menschen und Entwicklungen in Wabern. Die Villa Bernau ist öffentlich zugänglich, wir freuen uns über Besuch. Wir veranstalten zudem einen Kulturevent für «Hauptstädter*innen» und solche, die es werden wollen: Am Mittwoch, 23.8., ab 18 Uhr, tritt Moët Liechti, die amtierende Schweizermeisterin in Slam Poetry, in der Villa Bernau auf. Und: Einen Apéro gibt es auch.
Sie brachten gleich 20 Änderungsanträge ein. Sie setzten sich mit allen durch, obschon der für Bildung zuständige Gemeinderat Hans-Peter Kohler (FDP) die ursprüngliche Botschaft zuvor als «sachlich unvoreingenommen und unparteiisch» gewürdigt und dementsprechend verteidigt hatte.
Neu steht zum Beispiel im Abstimmungstext, dass sich auch die Schulleitungen der Gemeinde Köniz und die Schulkommission dafür ausgesprochen haben, das «Spez-Sek»- Angebot an den Oberstufenzentren zu stärken – und die entsprechenden Klassen an der Lerbermatt zu schliessen.
Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse wenig erstaunlich, nahm das Parlament auch die Gesamtbotschaft samt aller Änderungen an.
Was die Abstimmungsvorlage selbst betrifft, so empfiehlt das Parlament mit 23 zu 13 Stimmen bei zwei Enthaltungen den Stimmberechtigten, die Initiative abzulehnen. Ein «Ja» an der Urne würde hingegen bedeuten, dass die «Spez-Sek» am Gymnasium Lerbermatt fortbestehen würde. Am 19. November entscheidet das Stimmvolk.