SVP-Samariter – Hauptstadt-Brief #478

Donnerstag, 19. Juni 2025 – die Themen: Integration; Brustkrebs; Blatten; Lorrainebad; Notschlafstelle; 20 Minuten; Grossrat und Zweisprachigkeit.

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(Bild: Marc Brunner, Buro Destruct)

Manchmal sind auch SVP-Politiker barmherziger gegenüber Ausländer*innen, als man gemeinhin annehmen darf. 

Die Samaritervereinigung der Stadt Bern, die von SVP-Grossrat Thomas Fuchs und SVP-Nationalrat Erich Hess präsidiert wird, verlieh diese Woche drei Organisationen einen Preis. Darunter ist auch der Berner Verein Mazay, der die Integration von Migrant*innen fördert und Aktivitäten organisiert, in denen Migrant*innen und Einheimische zusammenspannen. Der Verein vermittelt unter anderem Sans Papiers Kontakte zu Beratungsstellen und Antwält*innen. Mazay erhält mit der Auszeichnung 2000 Franken. Ebenfalls Preise erhielten die Vereine Swissassistent und Together Music.

Der Verein Mazay engagiert sich also für geflüchtete und zum Teil abgewiesene Menschen, welchen die SVP-Politiker bei Gesetzesvorlagen im Parlament jeweils nur sehr restriktiv oder gar kein Asyl gewähren möchten. Und der Vorstand der Samaritervereinigung besteht zur Mehrheit aus SVP-Mitgliedern. Eigentlich passt das nicht zusammen. 

Die Samariter seien nicht politisch, sagt Vizepräsident Erich Hess auf Anfrage. Der Vorstand habe die Projekte ausgewählt, weil man ohne Scheuklappen gute Projekte auszeichnen wolle, von Menschen, die sich für die Gemeinschaft engagieren. Die Samariter bieten laut Thomas Fuchs zusammen mit dem Verein Mazay auch einen Nothelferkurs für Migrant*innen an. 

Ich finde, diese Auszeichnung ist ein starkes Zeichen. Zu hoffen ist, dass Hess und Fuchs mal im Mazay-Café vorbeischauen, mit geflüchteten Menschen sprechen und sich ihre Sicht auf die restriktive Schweizer Asylpolitik anhören.

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Bilderserie von Regine Strub (10/12): Sommer-Skis. (Bild: Regina Strub)

Und jetzt noch zu anderen Themen des Tages:

  • Brustkrebs: «Am schwierigsten für mich war, wenn andere Menschen Angst um mich hatten», sagt Béatrice Wertli. Sie war Mitte-Kandidatin für die Wahlen der Berner Stadtregierung im letzten Herbst. Dann erkrankte sie an Brustkrebs. Nun ist sie krebsfrei und sprach im Interview mit meinem Kollegen Matthias Streit über Ängste, politische Ambitionen und den Umgang mit Krebs. «Meinem Mann habe ich rasch mal gesagt, dass er sich einen anderen Ort suchen muss, um seine Angst um mich zu äussern», so Wertli. Sie habe ihre ganze Kraft gebraucht, um selbst positiv zu denken.
  • Blatten: Die Burgergemeinde Bern spendet der Burgergemeinde des vom Bergsturz zerstörten Walliser Dorfes Blatten 50’000 Franken. Dies verkündete Burgerpräsident Bruno Wild an der Sitzung des Grossen Burgerrates vom Montag. Auf Anregung der Burgergemeinde habe der Schweizerische Verband der Bürgergemeinden und Korporationen einen entsprechenden Aufruf gemacht und so seien aus verschiedenen Bürgergemeinden weitere rund 50’000 Franken zusammengekommen, so Wild. Das Geld sei für den Wiederaufbau von Aktivitäten der Burgergemeinde Blatten. Diese hat zum Beispiel einen Dorfbackofen betrieben. 
  • Lorrainebad: Für 22,3 Millionen Franken will der Berner Gemeinderat das Lorrainebad sanieren. Seit der Erbauung des Freibads 1892 wurden laut der Medienmitteilung der Stadt keine umfassenden Sanierungsarbeiten durchgeführt. Die Stützmauern hätten Risse und das Schwimmbecken werde wegen des trüben Wassers kaum mehr genutzt. Mit dem Umbau soll unter anderem das Schwimmbecken mit der Aare verbunden werden. Im südlichen Teil des Beckens werde neu ein Kinderbadebereich gebaut und mittels einer Photovoltaikanlage soll künftig das Duschwasser erwärmt werden. Die Stimmberechtigten werden voraussichtlich im März 2026 über die Vorlage entscheiden und in der Badesaison würde das Bad 2027 geschlossen bleiben.
  • Notschlafstelle: Die Stadt Bern startet einen einjährigen Testbetrieb mit einer Notschlafstelle für Frauen, intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans und agender Personen, kurz Finta. Stiftung Heilsarmee Schweiz beitreibt die Institution. Mit dem Projekt will die Notschlafstelle besonders vulnerable Personen erreichen, die sich in gemischtgeschlechtlichen Notschlafstellen unsicher fühlen und diese deshalb meiden. Im Artikel meiner Kollegin Victoria Habermacher sagt die zuständige Gemeinderätin Ursina Anderegg, es sei nicht restlos geklärt, weshalb immer mehr Personen Notunterkünfte benötigen. Vermutlich hänge es aber mit der Überlastung psychiatrischer Kliniken und der Teuerung zusammen.
  • Gratiszeitung: Nach 26 Jahren geht die Zeit der Pendlerzeitung «20 Minuten» zu Ende: Die TX Group stellt die Printversion per Ende Jahr ein und setzt ausschliesslich auf das digitale Geschäft. Gründe für die Einstellung seien die sinkenden Erträge im Printgeschäft und die sich wandelnde Mediennutzung, teilte die Firma am Dienstag mit. Bis zu 80 Vollzeitstellen will die TX Group mit dem Schritt abbauen, sowohl in der Redaktion als auch beim Verlag. Die Lokalredaktionen in der Deutsch- und Westschweiz werden zu einer nationalen Redaktion mit den Standorten Lausanne, Bern und Zürich zusammengeführt. Die Gewerkschaft Syndicom kritisiert den Stellenabbau bei «20 Minuten» und fordert ein «echtes Konsultationsverfahren mit ausreichender Frist».
  • Grossrat: Die Berner alt Stadtratspräsidentin Valentina Achermann rutscht in den Grossen Rat nach. Sie tritt auf die Herbstsession hin die Nachfolge von Nicola von Greyerz an, wie die SP Kanton Bern am Dienstag mitgeteilt hat. 

PS: Berner*innen schauen zu selten nach Lausanne und zu oft nach Zürich, findet mein Kollege Jürg Steiner. In der neusten Folge der Kolumne Gleis 49 diskutiert er mit Nicoletta Cimmino von den Bieler Gassmann Medien über zweisprachige Schulklassen und das bilingue Biel. «Öffnet euer Herz Richtung Biel!» schreibt Cimmino.

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Diskussion

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Alexander Steiner
19. Juni 2025 um 05:20

Da ist ein Abschnitt verrutscht: "Ich finde, diese Auszeichnung ist ein starkes Zeichen. ..." sollte an den Schluss der Einleitung. In der Mail-Version ist es korrekt.