Allani - Hauptstadt-Brief #490
Donnerstag, 24. Juli 2025 – die Themen: Kinderhospiz; Kapitel; Gurtenfestival; Saisonstart; Chancengerechtigkeit; Erdbeben und Nazi-Wanderer.
Vor rund zehn Monaten hat das Allani als erstes Kinderhospiz der Schweiz eröffnet. Ich war damals vor Ort in Riedbach, im ländlichen Westen Berns, und habe mir die aufwändig umgebauten Räumlichkeiten des früheren Bauernhauses zeigen lassen. Beeindruckt hat mich, wie die Betreiber*innen es geschafft haben, medizinische Infrastruktur und einladende Wohnlichkeit miteinander zu kombinieren.
In diesem «Zuhause auf Zeit» habe es unterdessen 77 Aufenthalte gegeben, sagt Allani-Geschäftsführer André Glauser am Telefon. Und dies aus elf Kantonen: «Wir sind ein Kinderhospiz für die ganze Schweiz.»
Zu Beginn waren zwei Familien vor Ort. Inzwischen werden laut Glauser in der Regel vier Kinder gleichzeitig betreut. Diese bleiben durchschnittlich zwölf Tage. Dabei zeigte sich, dass rund zwei Drittel der Kinder die Zeit im Allani alleine verbringen. «Die Eltern vertrauen uns ihre Kinder an», so Glauser, «um kurz durchschnaufen zu können». Oder um sich intensiver den Geschwistern des erkrankten Kindes widmen zu können.
Die Überforderung der Eltern sei oft riesig. Ein Zusammenleben mit Kindern mit lebensverkürzenden Krankheiten bedeute einen enormen Pflege- und Versorgungsaufwand, so Glauser. Um diesen stemmen zu können, musste das Hospiz bei der Pflege nachjustieren und zusätzliches Personal einstellen. Aktuell teilen sich 40 Personen rund 23 Vollzeitstellen.
Nach einer intensiven Anfangsphase will Glauser nun noch stärker Überzeugungsarbeit leisten: Er weibelt mit anderen dafür, dass Kinderhospize von Kanton und Bund finanziell unterstützt werden. Und wie es aussieht, bekommt das bislang rein spendenfinanzierte Allani schon bald Gesellschaft: In Fällanden im Kanton Zürich soll nächstes Jahr das zweite Kinderhospiz der Schweiz öffnen. «Wir sind im Austausch und sie können von unseren Erfahrungen profitieren», sagt Glauser.
Und jetzt noch zu anderen Themen des Tages:
- Ausgang: Das Kapitel am Bollwerk schliesst. Die Stadt Bern verliere damit ein einst wegweisendes Ausgangslokal, schreibt Pablo Sulzer in seinem Text für die «Hauptstadt». Das Kapitel war seit 14 Jahren für viele Berner*innen ein Fixpunkt im Nachtleben. Zuletzt türmten sich jedoch die Probleme: «Personell und finanziell ging es längerfristig nicht mehr», sagt Dino Dragić-Dubois von der Geschäftsleitung. Diese zieht nun die Notbremse. In einem Crowdfunding hatte das Lokal anfangs Jahr noch 54’000 Franken gesammelt, um eine Neuausrichtung vorzunehmen. Nun wird das Projekt «In Transformation» vorzeitig beendet. Die Abschlussparty soll am 27. September steigen.
- Gurtenfestival: Auf dem Berner Hausberg fand letzte Woche die 42. Ausgabe des Gurtenfestivals statt. Mit Ausnahme des Donnerstags war jeder Tag ausverkauft. Laut Festivalchef Bobby Bähler kommt das heute in der Festivalbranche eher selten vor und ist deshalb ein gutes Zeichen. Auch zum neuen Zugang, der zusätzlichen Bühne und dem Ampelsystem zieht Bähler ein positives Fazit. Trotz vorgängiger Kontroversen um den Rapper Macklemore habe es während der vier Tage keine grossen Vorfälle gegeben. Auffällig waren aber die Palästina-Flaggen im Publikum und vereinzelt auch auf der Bühne. Der Gurten war wohl schon lange nicht mehr so politisch.
- Fussball I: Wie steht es um die Chancengerechtigkeit für Frauen im Fussball? Amnesty International nutzt das Momentum der Europameisterschaft in der Schweiz, um diese Frage zu diskutieren. Sie lädt dafür heute Abend um 19:15 Uhr ins Sous Soul. Auf dem Podium sitzen hochkarätige Vertreter*innen des Fussballs: Franziska Schild, Gesamtverantwortliche für die YB Frauen und deren Trainerin Imke Wübbenhorst. Sie sprechen mit einem Vertreter der Sportler*innen-Gewerkschaft World Players Association unter anderem über gelungene Beispiele in Sachen Chancengerechtigkeit ausserhalb der Landesgrenzen.
- Fussball II: Mit einem Heimspiel gegen Servette Genf starten die YB-Männer am Samstag in die Meisterschaft. Nach Platz 3 und enttäuschenden Leistungen in der Vorsaison, will das Team um Trainer Giorgio Contini zurück an die Spitze. Dazu hat sich YB unter anderem mit den Schweizer Nationalspielern Gregory Wüthrich und Edimilson Fernandes verstärkt. Alan Virginius wurde zudem fest verpflichtet. Verlassen hat das Team unter anderem Mohamed Ali Camara. Weil das Kader aktuell noch sehr gross ist, dürften weitere Abgänge folgen. So liebäugeln insbesondere Filip Ugrinic, Joël Monteiro und Cedric Itten mit einem Transfer ins Ausland. Spielbeginn am Samstag ist um 20:30 Uhr, die Partie wird von SRF übertragen. Mit dem FC Thun startet die zweite Berner Equipe am Sonntag ebenfalls in die Meisterschaft.
- Erdbeben: In der Nähe von Mürren im Berner Oberland hat am Dienstagabend die Erde mit einer Stärke von rund 3,2 auf der Richterskala gebebt. Dieses Erdbeben dürfte in der Nähe des Epizentrums leicht verspürt worden sein, berichtet die Nachrichtenagentur SDA unter Berufung auf den Schweizerischen Erdbebendienst der ETH Zürich (SED). In Mürren bebte die Erde bereits einen Tag zuvor mit einer Stärke von rund 4,2 auf der Richterskala. Das Beben löste einen Steinschlag im nahegelegenen Sefinental aus. Beben im Berner Oberland sind laut SED «keine Überraschung». Seismologisch lässt sich die Region dem Wallis zuordnen, das für Schweizer Verhältnisse besonders gefährdet ist.
- Nazi-Wanderer: Eine Gruppe von Männern in Naziuniformen löste am Wochenende im Berner Oberland einen Polizeieinsatz aus. Eine Augenzeugin berichtete gegenüber Radio SRF, dass sie an den Uniformen auch Hakenkreuze erkannt habe. Gemäss der Berner Kantonspolizei bestand die Gruppe aus 25 Personen aus mehreren Ländern. Strafrechtliche Folgen gibt es für sie keine. Das Tragen von Nazisymbolen ist in der Schweiz, im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern, bislang nicht verboten. Der Bundesrat ist aktuell allerdings daran, ein Gesetz zum Verbot von Nazisymbolen zu verfassen.
PS: Das Gurtenfestival ist Geschichte, es lebe das Parkonia Festival: Heute Abend stehen gleich vier Konzerte auf dem Programm – von Rock bis Afrobeats. Los geht es um 19 Uhr.
Korrektur: In der per Mail verschickten Version dieses Hauptstadt-Briefes ist ein falsches Zitat von Dino Dragić-Dubois enthalten. Wir haben das hier im Artikel angepasst.
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