Bern West Spezial

Toblerone-Angestellte fordern deutlich mehr Lohn

In der Toblerone-Fabrik in Bern-Brünnen fordern die Beschäftigten eine generelle Lohnerhöhung um sechs Prozent. Am Freitag beginnen die Verhandlungen.

Medienkonferenz Mondelez Lohnverhandlungen fotografiert am 01. März 2023 in Bern für die Hauptstadt. (simonboschi.ch / hauptstadt.be)
Exponiert sich für seine Kolleg*Innen: Urs Brunner, Mitglied der Personalkommission der Toblerone-Fabrik. (Bild: Simon Boschi)

Eine Bar unweit der Toblerone-Fabrik: Urs Brunner trinkt Früchtetee, ruht in sich. Wenn er auf die Situation in seinem Betrieb zu sprechen kommt, kehrt die Anspannung in sein Gesicht zurück. Denn «angespannt» sei die Stimmung auch unter der Belegschaft der Toblerone-Fabrik. Dort ist Brunner seit 21 Jahren Elektriker in der Haustechnik. Störungen beheben und das Dampf- und Druckluftsystem warten – das ist sein Metier.

Die Toblerone-Fabrik in der Nähe des Westside-Centers gehört mittlerweile zum US-Weltkonzern Mondelez, der zum Beispiel auch Milka und Côte d’Or herstellt. Und die Toblerone, welche durch die zackige Form und beige Verpackung zur Design-Ikone wurde, ist weltweit gefragt.

Sieben Tage am Stück arbeiten

Letztes Jahr wurde ein Produktionsrekord verzeichnet. Fast 50‘000 Tonnen Toblerone liefen in Bern-Brünnen vom Band und wurden zum grössten Teil exportiert.

Möglich macht dies auch der Vier-Schicht-Betrieb, der 2022 wieder eingeführt wurde. Die rund 180 Angestellten in Produktion, Logistik und Technik müssen in diesem System immer wieder sieben Tage am Stück arbeiten und haben nur ein freies Wochenende pro Monat.

«Unter diesen Umständen ein Familienleben zu haben, ist fast unmöglich», sagt Brunner. Der 52-Jährige aus Schwarzenburg ist kein Mann der lauten Töne. Er versucht, Dinge durch sein Engagement zu ändern. 

So hilft er in der Betriebssanität mit und sitzt in der Personalkommission. Dort überprüft er mit den anderen Mitgliedern zum Beispiel Pikettreglemente, und schaut, ob bei Änderungen im Schichtsystem alles konform ist. Gefordert ist er auch, wenn Lohnverhandlungen anstehen – so wie aktuell.

Kämpferisches Personal

Und das Jahr 2023 könnte einen Wendepunkt darstellen. Die Gewerkschaft Unia und die Personalkommission fordern sechs Prozent mehr Lohn und suchen mit diesem Anliegen auch die Öffentlichkeit.

Medienkonferenz Mondelez Lohnverhandlungen fotografiert am 01. März 2023 in Bern für die Hauptstadt. (simonboschi.ch / hauptstadt.be)
Bereit zum Lohnkampf: Gewerkschafter Johannes Supe (links) vor den Medien. (Bild: Simon Boschi)
Die Story der Toblerone

Jean Tobler eröffnete 1899 eine eigene Schokoladefabrik in Bern. Sie stand auf dem Areal der heutigen Unitobler an der Länggasse. Lange Zeit war sie der grösste Industriebetrieb Berns.

1908 erfinden Theodor Tobler (Jean Toblers Sohn) und Emil Baumann (Produktionsleiter und Cousin von Tobler) die Toblerone. Der Name bezieht sich auf ein Wortspiel aus Tobler und Torrone, der italienischen Bezeichnung für Honig-Mandel-Nougat.

1920 wurde der Adler von der Toblerone-Verpackung entfernt. An seine Stelle trat der Berner Bär.

1985 wurde in Bern-Brünnen eine leistungsfähigere Schokoladefabrik gebaut, von wo bis heute alle produzierten Toblerone Artikel exportiert werden.

2022 wurde bekannt, dass die Toblerone ab Ende 2023 auch in Bratislava (Slowakei) produziert wird. Der Mutterkonzern Mondelez, zu dem Toblerone seit den 1990er-Jahren gehört, kündigte zugleich an, dem Berner Standort treu bleiben zu wollen.

Im Betrieb sei die Forderung breit abgestützt, so Johannes Supe, Branchenleiter Lebensmittelindustrie bei der Unia. Schon mehr als 100 Angestellte hätten eine gleichlautende Petition unterschrieben. «Der Zusammenhalt ist gut und die Leute sind bereit, sich zu engagieren», sagt Supe zur «Hauptstadt». Es habe auch bedeutende Neuzugänge bei der Gewerkschaft aus dem Werk gegeben.

Laut Unia bewegt sich das durchschnittliche Monatslohn der meisten Beschäftigten zwischen 5000 und 7000 Franken, ohne Schichtzulagen. Ein Blick auf vergangene Lohnabschlüsse zeigt, dass eine generelle Erhöhung um sechs Prozent ihresgleichen sucht. Zuvor bewegten sich Lohnsteigerungen im Bereich von 0,6 oder 0,7 Prozent. Auch habe es schon Nullrunden gegeben, so der Unia-Mitarbeiter.

Milliarden-Gewinn bei Mondelez

Urs Brunner und seine Kolleg*innen möchten jetzt stärker am Erfolg des Unternehmens beteiligt werden. Nicht nur wegen der gestiegenen Arbeitsbelastung, sondern auch, weil der Mutterkonzern Mondelez immer mehr Dividende an die Aktionär*innen ausschüttet. 2022 betrug der Reingewinn von Mondelez laut Unia immer noch 2,7 Milliarden Dollar. Ausserdem strapazierten die Teuerung und steigende Krankenkassenprämien immer stärker das Haushaltsbudget der Mitarbeitenden am Schweizer Standort.

Medienkonferenz Mondelez Lohnverhandlungen fotografiert am 01. März 2023 in Bern für die Hauptstadt. (simonboschi.ch / hauptstadt.be)
Vor harten Verhandlungen: Urs Brunner, Betriebskommission. (Bild: Simon Boschi)

Mondelez möchte die Forderungen auf Anfrage nicht kommentieren. Die Verhandlungen stünden erst bevor, heisst es von der Medienstelle in Wien. Ab Freitag setzen sich die Gewerkschaft und Unternehmensvertreter dann an einen Tisch. Die Unia erwartet «harte Verhandlungen», die frühestens in zwei Wochen zum Abschluss kommen könnten.

Impressionen aus Buempliz fotografiert am 23.01.2023 in Bern. (Manuel Lopez)
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Der Blick auf Bern West ist oft verstellt von dessen schlechtem Image. Doch, täuscht der Eindruck? Die «Hauptstadt» schaut hin – und verlegt von 20. bis 25. Februar 2023 ihre Redaktion ins Quartierzentrum Tscharnergut und publiziert eine Reihe von Artikeln aus dem und über den Berner Stadtteil Bümpliz-Oberbottigen.

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