Warum kann ich nicht mit dem Bus zum Marzilibad fahren?
Frag die «Hauptstadt», Folge 1 – Die ÖV-Planung ist eine komplexe Angelegenheit. Um eine Antwort auf Matthias‘ Frage zu finden, lernen wir mehr über Fahrgastzahlen, autonome Busse und die Chance einer Überbauung.
Frage von Leser Matthias:
«Warum gibt es noch immer keine schlaue Lösung für eine Busverbindung in den Altenberg und ins Marzili?»
Antwort der «Hauptstadt»:
Im Bus zum Fluss. Das ist es ja im Grunde, was unser Leser Matthias möchte. Und es gibt zwei Arten, ihm zu antworten: Die kurze und schmerzlose Antwort – quasi die Express-Route übers Marzili-Bähnli – lautet: In den kommenden Jahren wird es keine Bus-Linie ins Marzili geben.
Und die längere Antwortvariante – also quasi ein Fussmarsch hinunter ins Marzili – geht so:
Die ÖV-Erschliessung des Marzilis ist seit Jahren ein heikles Thema und es ist schon viel Wasser die Aare hinuntergeflossen seit eine erste Studie gezeigt hat: Es gibt nicht ausreichend Nachfrage für eine permanente Busverbindung ins Marzili.
Und daran hat sich bis heute nichts geändert– sagt zumindest die Stadt auf Anfrage. Die Marzilibahn biete schon einem grossen Teil des Quartiers eine gute Anbindung. Sehr viel Nachfrage für eine Busverbindung bleibe nicht, heisst es.
Geht es um die Bestellung des ÖV, ist die Stadt ohnehin nicht in der Pflicht. Einfach gesagt: Wenn Matthias mit einem Bus ins Marzili fahren möchte, muss er den Kanton davon überzeugen, dass ein solches Angebot sinnvoll ist. Und der Kanton Bern sagt aktuell: Die Wirtschaftlichkeit einer Linie ins Marzili ist nicht gegeben. Bei einer Buslinie ins Altenbergquartier sieht es ähnlich aus, von den verkehrstechnischen Hürden dort noch gar nicht zu sprechen.
Und auch die Stadt kann nicht in die Bresche springen und aus eigener Tasche eine Buslinie finanzieren. Sie lässt ausrichten: In den Sommermonaten seien zwar sehr viele Menschen in und um das Marzilibad unterwegs, aber ein Bus-Angebot darauf zuzuschneiden, sei schwierig. Verkehrsspitzen seien stark vom Wetter abhängig.
Gibt es also wirklich keine ÖV-Möglichkeit, um aus der Stadt ins Marzili zu kommen, ohne die Drahtseilbahn zu benutzen?
Gut, da wäre ja noch der «Matte-Schnägg» – ein selbstfahrender Bus. Das Fahrzeug mit acht Plätzen ist zwei Jahre lang im Marzili- und Mattequartier erprobt worden und hatte mit einigen Kinderkrankheiten zu kämpfen. Hinzu kommt: Auch hier stimmte die Auslastung nicht, wie die Stadt mitteilt. Dass die Test-Phase in die Corona-Pandemie fiel, sollte aber nicht unerwähnt bleiben. Einen selbstfahrenden Bus im Regelbetrieb wird es im Quartier nicht geben.
Einziger Lichtblick für Matthias und alle, die im Bus hinunter zum Fluss wollen: Die Überbauung des Gaswerk-Areals. Sollte diese in der geplanten Form zustande kommen, würde es allerdings noch mindestens fünf Jahre dauern, bis ein Bus zumindest bis ins hintere Marziliquartier fährt. So wäre das Bad an den ÖV angebunden.
Und es gibt auch immer noch das Publibike, mit dem die Reise ins Bad zumindest bergab recht schnell ist.
Ansonsten ist Geduld gefragt, lieber Matthias. Vielleicht ist gerade das der «Bernese way of life»: Raus aus dem Hamsterrad, langsam zur Aare hinunterschlendern, runterfahren statt Bus fahren, hineinspringen ins kühle Nass, sich treiben lassen. Eine Entschleunigung also – wie ansonsten nur im «Matte-Schnägg».
*Ergänzung: Bei der Beantwortung der Frage ging nicht vergessen, dass der 30er Bus in den späten Abendstunden zwischen Bern Bahnhof und Marzilistrasse verkehrt. Da das Marzilibad dann aber nicht mehr geöffnet ist oder gerade schliesst, wurde diese Option aussen vor gelassen.
Im Tram, auf dem Weg ins Marzili oder am Wochenmärit – plötzlich taucht eine Frage auf und lässt einen nicht mehr los. Das Online-Magazin Hauptstadt hat deshalb ein Audioformat geschaffen, bei dem die Leser*innen ihre Fragen in eine Sprachnachricht verpacken und an die Redaktion schicken können.
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