Knappe Ressourcen fürs Berner Klima
Die künftige Klimastrategie der Stadt Bern soll breiter abgestützt sein und mehr Themen abdecken. Jedoch mit den bisherigen Ressourcen umgesetzt werden. Das kritisiert eine GFL-Stadträtin.
Weiter wie bisher – fast. So lässt sich der Plan der Stadtberner Regierung in der Klimapolitik zusammenfassen. Das geht aus einer Antwort des Gemeinderats auf eine Interpellation der Stadtrat-Fraktionen GB/JA!, SP/JUSO, GFL/EVP, AL/PdA, GLP/JGLP hervor.
Die Interpellant*innen wollten wissen, was die Stadt unternimmt, um den Absenkpfad des Klimareglements und die Ziele der Energie- und Klimastrategie (EKS) zu erreichen. Auslöser für die Interpellation war der im letzten September publizierte Controllingbericht zur EKS.
Dieser zeigt, dass die Stadt Bern in vielen Bereichen nicht auf Kurs ist, ihre Klimaziele zu erreichen. Die CO2-Emissionen stagnieren, anstatt zu sinken, und der Stromverbrauch ging wohl nur aufgrund von Pandemie-Effekten zurück. In Zahlen ausgedrückt: 2021 betrugen die Emissionen pro Kopf 4,46 Tonnen CO2-Äquivalente. Bis 2025 sollen sie auf 3,14 Tonnen sinken, bis 2045 auf null Tonnen.
Ausgelöst hat der Besorgnis erregende Bericht bisher wenig: Ein öffentlicher Aufschrei blieb aus – wohl kaum jemand hat sich freiwillig durch den 150-seitigen Behördenbericht gelesen, und eine zugänglichere Publikationsart der Resultate hat die Stadt nicht angeboten.
Immerhin aus der Politik gab es eine Reaktion. Auf die im Herbst eingereichte Interpellation liegt nun die Antwort des Gemeinderats vor, mit der Stadträtin und Mit-Interpellantin Tanja Miljanović (GFL) immerhin «teilweise zufrieden» ist, wie sie auf Anfrage sagt: «Wichtig ist, dass der Gemeinderat den weiterhin grossen Handlungsbedarf anerkennt.»
Das tut er zum Beispiel, indem er im Moment «mit den vorhandenen Ressourcen» die Erarbeitung der Nachfolgestrategie der EKS, die 2025 ausläuft, vorbereitet. Allerdings wäre das auch geschehen, wenn der Controllingbericht positiv ausgefallen wäre. Courant normal.
An der neuen Strategie werden auch Vertreter*innen aus Wirtschaft und Wissenschaft mitarbeiten. Unter anderem Expert*innen für Gender und Klima sowie aus der Transformationsforschung. Für die Bevölkerung soll es sogenannte «Echoräume» geben, an denen sie sich einbringen können.
Die neue Strategie wird drei zusätzliche Themen aufnehmen: Graue Energie, Konsum, Ernährung. In diesen Bereichen darf der Gemeinderat aber ausserhalb der Stadtverwaltung keine Regulierungen erlassen. Man wolle daher verstärkt mit Interessenverbänden und Privatpersonen zusammenarbeiten.
Der Einbezug verschiedener Interessengruppen und die Aufnahme zusätzlicher Themen begrüsst Tanja Miljanović. Sorgen bereitet ihr aber, dass alles mit den bestehenden Ressourcen passieren soll: «Schliesslich haben die bisher eingesetzten Ressourcen nicht zur Zielerreichung gereicht.»
Die Bevölkerung informieren
Trotz offensichtlich knapper Mittel erachtet es der Gemeinderat in der aktuellen Situation als «ausserordentlich wichtig, dass die bestehenden Massnahmen konsequent umgesetzt werden». Bis Ende März 2023 müssen die Direktionen aufzeigen, wie sie die Ziele bis 2025 erreichen können.
Als einzige direkte Reaktion auf den Controllingbericht hat die Verwaltung «im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten» zusätzliche Informationsveranstaltungen über die Vorzüge eines Heizungsersatzes durchgeführt und aufgezeigt, welche Unterstützungs- und Beratungsmöglichkeiten die Stadt anbietet.
Tanja Miljanović steht allgemeinen Informationsveranstaltungen skeptisch gegenüber: «Ihre Wirkung ist meistens sehr ernüchternd.» Sie denkt darüber nach, eine Motion einzureichen, damit Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung einbezogen werden in Informationskampagnen – und diese dann mehr Wirkung entfalten.
Die Information der Bevölkerung dürfte eine zentrale Rolle spielen bei der Erreichung der Klimaziele. Denn in emissionsreichen Bereichen wie Energie, Verkehr und Ernährung darf die Stadt nur sehr beschränkt Regeln erlassen. Sie ist auf das freiwillige Handeln aller Berner*innen angewiesen.