Geschiedene Geister – Askforce-Selection #62

Waren Geister verheiratet, die sich später an etwas scheiden? Die weltbewegende Frage führt die Askforce in philosophische Gefilde.

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Die philosophierenden Hirnwindungen der Askforce. (Bild: Pia Zibulski)

Die Askforce unterliegt dem Flaschengeistprinzip. Heisst: Was von uns gewünscht wird, haben wir auch zu erfüllen. Das bringt uns manchmal in zwickmühlerische Gefilde. So auch heute. Frau Ruth S. aus Kirchberg erzählt uns von ihrer längst verstorbenen Grossmutter. Diese pflegte endlose Diskussionen mit folgendem Satz zu beenden: Da scheiden sich die Geister. Nun will Frau S. wissen, ob es überhaupt verheiratete Geister gibt und wer diese traut und scheidet.

Fragt die Askforce, Hauptstädter*innen!

Die Askforce nennt sich selber «Berns bewährte Fachinstanz für alles, die Antworten auf Fragen liefert, die viele nicht zu stellen wagen». Mit anderen Worten: Keine Frage ist zu abwegig. Das ist eine Aufforderung an alle Hauptstädter*innen: Deckt die Askforce mit euren lebenswichtigen Fragen ein – an diese Adresse: [email protected].

Über 20 Jahre lang erschien die Askforce wöchentlich im Bund und erarbeitete sich den Ruf, die schrägste Kolumne der Schweiz zu sein. Als Bund und BZ im Herbst 2021 fusionierten, verschwand die Askforce aus dem Traditionsblatt, verewigte sich in einem Buch und tauchte als Startup Anfang 2022 wieder auf.

Nun zu unserem Dilemma. Natürlich wollen wir diese Frage beantworten, können dies aber nicht mit gutem Gewissen tun. Schliesslich wird dabei von der Annahme ausgegangen, dass es Geister gibt. Dies können wir so jedoch nicht bestätigen. Bei Expeditionen in verlassene Burgverliese, einsame Waldlichtungen bei Vollmond und morsche Einfamilienhäuser am Stadtrand, in denen einst Schreckliches geschehen ist, sind uns keinerlei übernatürliche Wesen begegnet. Aus wissenschaftlicher Verpflichtung müssten wir deshalb hier die Beantwortung der Frage bereits abbrechen, bevor wir überhaupt zu deren Kern vorgedrungen sind.

Das widerspricht jedoch dem Dienstleistungsgedanken unseres Unternehmens. Deshalb wenden wir nun einen simplen Trick an, um die intellektuelle Grundlage zur Beantwortung der heutigen Frage zu legen. Wir halten uns an den philosophischen Schlachtruf der Antike: Ich weiss, dass ich nichts weiss. Dieser lässt allerlei Eventualitäten zu, die uns den nötigen Spielraum verschaffen, um gewissenhaft arbeiten zu können. 

Dadurch kommen wir zu einer Antwort, die so umsichtig ist, dass sie jeglicher Endgültigkeit entbehrt. Einerseits gehen wir davon aus, dass Geister nicht verheiratet sind. Schliesslich sind sie Geschöpfe der Ewigkeit. Die Ausstiegsklausel «Bis dass der Tod euch scheidet» kann also nicht zur Anwendung kommen. Das schreckt ab. Deshalb dürften die meisten Geister im Konkubinat leben.

Andererseits gehen wir davon aus, dass Geister verheiratet sind. Denn Alter schützt vor Torheit nicht. Es ist also nicht gänzlich auszuschliessen, dass Geister, die schon über mittelalterliche Schlachtfelder gewandelt sind, plötzlich der romantischen Illusion erliegen, die Ewigkeit mit demselben Gegenüber zu teilen.

Um unsere Antwort noch unklarer zu machen: Eheschliessungen und Scheidungen können in der Geisterwelt in Eigenregie durchgeführt werden. Das hat wieder mit der Ewigkeit zu tun. Denn in Abwesenheit des Todes verlieren religiöse Rituale ihre Bedeutung. Damit ist der Zivilstand eher als Zeitvertreib denn als religiöse, bindende Pflicht zu verstehen.

Geister können sich also sehr schnell scheiden. Und dadurch hat dieser Ausdruck den Weg in den menschlichen Wortschatz gefunden, weil wir uns wegen jedem Blödsinn sehr schnell in die Haare geraten.

Askforce Selection #62, 4. Oktober 2024

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Diskussion

Unsere Etikette
Andreas Weber
05. Oktober 2024 um 06:10

Wer hat die Geister weggeschickt, denen ich rief?