Scheitern im Toyota Corolla

Die Theaterschaffenden Johannes Maas und Kerim El-Mokdad suchen im Tojo Theater nach der Beziehung zu ihren Vätern. Im Auto. Ein Stück zum Lachen – und zum Nachdenken.

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(Bild: Jörg Kühni)

Im Innenhof der Berner Reitschule, gerade vor dem Tor des Tojo Theaters, steht ein rotes Auto. Es dient als Teaser für das Stück, das zurzeit im Tojo aufgeführt wird und trägt die Thematik zugleich von der Bühne auf die Strasse hinaus. «Autostaat», so künden die beiden Theaterschaffenden Johannes Maas und Kerim El-Mokdad das Stück an, handelt von der Auseinandersetzung mit den eigenen Vätern. Es geht um Männlichkeit und eben – um Autos. 

Roadtrip ins Irgendwo

Das Zwei-Mann Stück beginnt mit Aufnahmen der Väter der beiden Theaterschaffenden, die sich quasi in einer «Autofiktion» selbst inszenieren. In den nach vorne gekehrten Rückspiegeln eines nachgebauten Toyota Corolla sehen wir Vater und Sohn schwere Baumstämme auf einen grossen Anhänger laden und einen Vater, der dem Sohn auf einem Parkplatz etwas erklärt. Viel mehr als die präsentierten Stereotype bekommen wir von den Vätern danach nicht mehr zu sehen.

Es geht vor allem um die Lücke, welche die beiden gross angekündigten Männer in den Leben ihrer Söhne darstellen. Sie sind die Leerstelle und werden damit zur Projektionsfläche für die Zuschauer*innen. Die denn auch gleich auf die Schippe genommen werden, wenn die Performer konstatieren, dass nun sicher einige im Publikum in Gedanken dem eigenen Vater nachhangen würden. 

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«Wo bisch du nume gsi, Papi?»: Roadtrip als Vatersuche. (Bild: zvg)

Es folgt eine Art Road-Movie, in dem wir die Theaterschaffenden auf einer Grossleinwand im Versuch begleiten, die Beziehungen zu ihren Vätern greifbar zu machen. Mit dem Toyota Corolla fahren sie durch die Schweiz und Italien. Unterwegs passiert vieles und doch auch nichts.

Mal versuchen die beiden Freunde eine Halterung für die Kamera zu bauen, mal nerven sie sich über hupende Autos oder über die eigene Sprachlosigkeit. Sie reden sich in Rage, im Vorhaben ihren Vätern das zu sagen, was sie schon immer mal sagen wollten. Doch statt der Worte bleibt zum Schluss nur noch die Rage. Das muss reichen, so das Resümee.

Humorvoll scheitern

Unterbrochen wird der Road-Trip von selbst komponierten Songs: «Wo bisch du nume gsi Papi?» singen die beiden und nehmen dafür auch gleich noch die Querflöte hervor. Es folgen Songs über SUV-Fahrer oder ein Punksong, der von Autoteilen und Psychotherapie handelt. Was man sich unter zeitgenössischer Männlichkeit halt so vorstellt. 

Lange wurde Kunst von (weissen) Männern als universelle Kunst rezipiert: Männer befassen sich mit der Welt, mit den ganz grossen Fragen des Lebens. Ganz im Gegenteil das Stück «Autostaat». Hier scheitern zwei Typen auf der Bühne an ihrer Sprachlosigkeit. In einer Nonchalance und Selbstironie, die zum Lachen bringt. Ihre Themen sind spezifisch männliche, und so werden denn auch die fehlenden Worte zum Inhalt erhoben. 

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Freunde, die scheitern können: Johannes Maas und Kerim El-Mokdad in «Autostaat». (Bild: zvg)

Dabei bekommen die Zuschauer*innen keine Selbsthilfegruppe, keine sich bemitleidenden Männer zu sehen. Es geht ganz einfach um zwei Freunde, die nicht so gut über Gefühle reden können. Und doch füreinander da sind: «Würdest du mich als Arbeitskollegen bezeichnen», fragt der eine. «Ich würde sagen, du bist mein bester Freund», antwortet der andere. 

Und vielleicht, so lässt sich zum Ende hin erahnen, ist die ganze Vater-Sohn-Problematik denn auch gar nicht so schwer zu fassen, wie es das ganze Stück hindurch behauptet wird. Eigentlich möchte man dem Vater doch einfach sagen, dass man ihn gern hat.

Am Schluss lässt sich mit den Theaterschaffenden noch an der Tojo-Bar reden oder draussen neben dem originalen Toyota Corolla. So löst sich die Bühnenperformance schliesslich zu einem gemütlichen Abend auf, und einem Gespräch, das im Stück über mehrere Umwege, «Wichser»-Ausrufe, Querflöten-Sound und Auto-Gepose eröffnet wurde. 

«Autostaat» kann noch am Freitag, 25. April, und am Samstag, 26. April um 20.30 Uhr im Tojo Theater in der Reitschule besucht werden.

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