Köniz Spezial

Mit Paukenschlag und Konfetti

Die Fasnachts-Enthusiast*innen lassen es in der Berner Altstadt krachen. Mit dabei ist die Guggenmusik Zinökler aus Köniz. Sie haben, anders als ihre Gemeinde, den Schritt der Fusion mit Bern gewagt.

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Die Berner Fasnacht: Saisonhöhepunkt für die fusionierten Zinökler. (Bild: Danielle Liniger)

Donnerstagabend auf dem Schmiedeplatz beim Kornhaus in Bern. Die Zinökler bereiten sich auf ihren ersten Fasnachts-Auftritt vor. Schon von weitem stechen die leuchtenden LED-Streifen am Kostüm von Tambourmajorin Jeanine Zimmermann ins Auge. Das Kostüm sitzt. Sie sei bereit, sagt: «Die Nervosität hat sich mittlerweile in Vorfreude gewandelt».

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Die Zinökler Roman Gilgen und Jeanine Zimmermann sind bereit für ihren Auftritt. (Bild: Danielle Liniger)

Zwei Wochen zuvor, am Ortsrand von Oberwangen, Köniz: 

Nach und nach trudeln die Mitglieder der Zinökler in ihrem Probelokal ein und bereiten ihre Instrumente vor: Pauke, Schlagzeug, Trompete, Posaune, Euphonium, Saxophon, Sousaphon. Und sogar ein Werkzeugkoffer ist mit dabei. Es ist die letzte Übungsstunde der Guggenmusik vor der Berner Fasnacht. In Bern findet die mittlerweile drittgrösste Fasnacht der Schweiz statt. Gemäss dem Verein «Berner Fasnacht» waren im letzten Jahr rund 70’000 Zuschauer*innen am grossen Samstags-Umzug mit dabei. Die Zinökler sind eine von rund 40 Guggen, die heuer durch die Altstadt laufen.

Eingespielt

Während dem Aufstellen in Oberwangen unterhalten sich die Musiker*innen. Sie verstummen, sobald die Dirigentin – Tambourmajorin Jeanine Zimmermann – ihre Position einnimmt. Als erstes werden Aufwärmübungen gemacht: Die Bläser spielen die Tonleiter in Halbtonschritten. Danach werden die Stücke wahlweise in Registern oder mit der gesamten Formation durchgespielt. Dabei bewegt sich Jeanine Zimmermann ausdrucksstark hin und her. Von den anderen Vereinsmitgliedern wird die musikalische Chefin deswegen liebevoll als «Gumpiball» bezeichnet.

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Wenn man Köniz rückwärts schreibt, erhält man den Namen des Vereins: Zinökler. (Bild: Danielle Liniger)

An jeder Note wird gefeilt, mehrere Minuten übt die Formation an einer Stelle ein Fortissimo ein, also «sehr laut». Generell ist der Schallpegel im Proberaum ziemlich hoch. Ohrenschützer sind zwar nicht Pflicht. Jedoch mahnt Jeanine Zimmermann, man solle auf die Ohren aufpassen: «In 20 Jahren hört ihr dann vielleicht nicht mehr so gut wie jetzt». Jemand erwidert: «Hä?». Gelächter.

Die Stimmung ist gut. Posaunistin Regi Mathis-Deplazes bezeichnet den Verein als «fröhlich, laut und wild.» Das merke man auch bei den Auftritten. Man wolle bei den Zuhörer*innen für Unterhaltung und positive Emotionen sorgen. Stimmung kommt hier bereits bei den Proben auf, wenn Guggenmusik-Versionen bekannter Lieder gespielt werden.

Musikalische Fusion von Köniz und Bern

Die aktuelle Formation ist das Produkt einer Vereinsfusion. 2021 schlossen sich die «alten» Zinökler und die Aaregusler aus der Stadt Bern zusammen. Beide bekundeten Probleme, neue Mitglieder zu rekrutieren. 

Das Vereinssterben ist nicht neu. Bei einer Guggenmusik gibt es ein zusätzliches Hindernis: Man braucht nicht nur genügend Leute, zusätzlich müssen sich ihre Instrument-Kenntnisse gut ergänzen. Das war bei den beiden Vereinen der Fall. So gab es bei den Zinöklern einen Mangel an Posaunist*innen. Bei den Aareguslern war man auf dieser Position gut besetzt und konnte aushelfen.

So beschlossen die beiden damaligen Präsidenten bei einem Treffen kurzerhand, versuchsweise gemeinsam zu proben. Weil man gut harmonierte, beschloss man schnell, sich fix zusammenzutun. Während der Phase des Zusammenschlusses hat man ein Fusionskommittee gegründet.

Aller Anfang ist schwer

«Klar gab es Hürden», sagt Euphonistin Tamara Menzi. Es sei nicht leicht, gerade wenn Leute jahrelang in einem Verein aktiv und ein eingespieltes Team sind. «Da ist es natürlich schon eine Umstellung für alle, wenn man sich zusammentut», erzählt Regi Mathis-Deplazes. So musste man sich erst einigen, welche Stücke man wie zusammen spielt, wie man sich kleidet und schminkt. «Wir mussten uns finden», schlussfolgert Tamara Menzi. Seit der letzten Fasnachts-Saison ist die Fusion abgeschlossen. 

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Die Vereinsmitglieder sind zwischen 15 und 67 Jahren alt. (Bild: Danielle Liniger)

Sieben Mitgliedschafts-Anwärter*innen seien seit dem Fusionsprozess dazugekommen. Das sind relativ viele, insgesamt umfasst der Verein 40 Personen. Für Schlagzeuger Roman Gilgen ist klar: «Es ist gut, dass wir den Zusammenschluss gewagt und gemacht haben.» Ausgesorgt habe man aber nicht. «Es braucht stetig Nachwuchs oder neue Mitglieder.» So sei es wichtig, einen guten Mix zu haben, zum Beispiel aus erfahrenen und unerfahrenen Mitgliedern.

Mario Kart und Co.

Seit Anfang dieses Jahres tritt der Verein erstmals auch in einem einheitlichen Kostüm auf. Gestaltet wurde es zum Thema «Vollgas». So heisst das Motto, welches die Zinökler nun während zwei Jahren verfolgen.

Das Motto widerspiegelt sich nicht nur im Aussehen, sondern auch in den Instrumenten. So werden Werkzeugkoffer vom Register Rhythmus als Instrumente umgenutzt. Durch Auf- und Zuschlagen dieser metalligen Kisten entsteht ein ganz eigener Klang.

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Wer mit dem Auto «Vollgas» geben möchte, muss vielleicht auch mal einen Werkzeugkoffer öffnen. (Bild: Danielle Liniger)

Im Repertoire hat der Verein 20 Stücke. Jedes Jahr werden zwei davon aussortiert und durch neue ersetzt. Zusätzlich gibt es 12 Schlagrhythmen, welche vom Schlagregister vor und zwischen den Auftritten gespielt werden.

Der Start in die Probesaison ist jeweils das «Guggenbrätlen» im August. Wer über den Sommer das Instrument links liegen gelassen hat, merkt es spätestens bei diesem Startschuss. Ab September geht es dann im Zwei-Wochen-Takt regelmässig zur Probe. Manchmal übt man auch unter freiem Himmel, wo es akustisch gesehen noch einmal anders klingt.

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Die Stimmung bei den Zinöklern ist ausgelassen. (Bild: Danielle Liniger)

Seit Anfang Januar sind die Zinökler immer wieder an Auftritten und Anlässen dabei. Man spielt an unterschiedlichen kleineren Fasnachten oder in Beizen in umliegenden Gemeinden, aber auch in anderen Kantonen. Den Saisonhöhepunkt bildet jedes Jahr die Berner Fasnacht.

Roman Gilgen freut sich besonders auf den Umzug am Samstag. «Der Weg die Gassen hoch ist für uns Schlagzeuger zwar anstrengend, aber auch sehr schön. Das anschliessende Monsterkonzert auf dem Bundesplatz ist für mich das Highlight.»

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Die Zinökler sind beim Musizieren in ihrem Element. (Bild: Danielle Liniger)

Mit einem strahlenden Lächeln sagt Jeanine Zimmermann nach dem ersten Auftritt: «Man merkt, es hat angefangen». In den kommenden Tagen stehen für die Zinökler noch rund 25 Auftritte an.

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