Hauptstadt-Brief Spezial – Fussball-EM #1

Die Europameisterschaft in der Schweiz startet. Herr Rrr vom Fussballblog Zum Runden Leder blickt mit Vorfreude und Besorgnis zugleich auf den Mega-Event.

Soukey am Eroeffnungsabend des Bernerballzaubers auf dem Bundesplatz fotografiert am Dienstag, 1. Juli 2025 in Bern. (liveit.ch / Manuel Lopez)
Soukey spielte am Dienstagabend an der Eröffnung des Bernerballzaubers auf dem Bundesplatz. (Bild: Manuel Lopez)

TV-Lärm bis tief in die Nacht, unbewilligte Fahnen an den Fassaden, Hup-Orgien enthemmter Fanhorden – diese EM wird die Hölle. Befürchtet jedenfalls der Hauseigentümerverband, wenn ich seine Pressemitteilung richtig deute.

Ich freue mich trotzdem. Weil ich Welt- und Europameisterschaften einfach mag. Ausnahmezustand statt Alltagstrott, einen ganzen Monat lang! Das Büro räume ich später auf, den Zahnarzttermin verschiebe ich, die Steuererklärung sowieso. Zuerst schaue ich heute Abend Island gegen Finnland, ein vielleicht vorentscheidendes Gruppenspiel, live aus Thun. Gleich danach die Schweizerinnen vor 34'000 Fans in Basel gegen Norwegen. So geht es weiter, Tag für Tag, Schlag auf Schlag, bis zum Final.

Einziges Problem: Ich habe keine Ahnung. Zwar habe ich in meinem Leben ungefähr 6'500 Fussballspiele in voller Länge gesehen. Aber nahezu nie spielten Frauen. Die EM in der Schweiz gibt mir also die Gelegenheit, den Fussball neu zu entdecken.

Und die Fussballerinnen. Ich kenne nur die Namen einiger YB-Meisterinnen, dazu zwei, drei Deutsche und natürlich Marta, die Weltfussballerin. Meine Redaktionskollegin Frau Tifosa rollt schon wieder die Augen. «Marta! Dio mio, die ist Brasilianerin.» Andere Frage, ist Horst Hrubesch noch Deutschland-Trainer? «Gib uns deine Newsletter einfach zum Gegenlesen, bevor sie rausgehen, sonst wird es peinlich», sagt Herr Maldini.

Die beiden haben Tickets für insgesamt 29 EM-Partien ergattert. Ich schaue die Spiele am TV, zwischendurch vielleicht an einem Public Viewing, und bin erstaunt, was ich schon alles gelernt habe. Wusstest du, dass es Fanmärsche gibt, zum Beispiel morgen Donnerstag? Spanier*innen und Portugies*innen, vom Viktoriaplatz zum Wankdorf.

Fanmarsch, gutes Stichwort: Da gibts doch immer wüste Ausschreitungen, Pyro-Exzesse, Tränengas? Als Hauseigentümer wäre ich schwer besorgt.

Hauptstadt-Brief Spezial

Den ganzen Juli über findet in der Schweiz die Fussball-EM der Frauen statt. Vier Spiele davon werden in Bern angepfiffen. Die «Hauptstadt» nimmt das zum Anlass für einen Hauptstadt-Brief Spezial. Dazu spannen wir mit dem legendären Berner Fussball-Blog Zum Runden Leder zusammen: Im Vorfeld der Berner Spiele sowie vor den Halbfinals und dem Final schreiben die Autor*innen des Blogs über die EM – kompetent, niederschwellig und humorvoll. Mehr dazu erfährst du hier. Und hier kannst du dich für den Hauptstadt-Brief anmelden.

Wissenswertes zum EM-Start:

  • Hitzewelle: An der Frauen-EM ist möglich, was beim Männerfussball undenkbar ist. Wegen der Hitze dürfen Fans eine Wasserflasche bis zu einem halben Liter mit ins Stadion nehmen (Plastik oder Aluminium, kein Glas).
  • Spoiler: Spanien wird Europameister. Eventuell. Jedenfalls ist das spanische Team Topfavorit und holt den Titel mit einer Wahrscheinlichkeit von 24,8 Prozent. Das sagt Opta, die führende Firma für Sportdaten-Analyse. Wenn du wetten möchtest und risikofreudig bist: Setze alles auf Wales, denn die krassesten Aussenseiterinnen haben natürlich die höchste Wettquote. Alle Zahlen von Opta gibts hier – die Werte der Schweiz sind eher ernüchternd.
  • Fake-Trikots: Ein untrügliches Zeichen, dass der Frauenfussball boomt, ist die starke Zunahme von gefälschten Frauentrikots und Fan-Artikeln aller Art. Sehr erfreulich! Also der Boom. Stop Piracy, eine Schweizer Plattform gegen Fälschung, kämpft gegen die Fakes, von denen es vielleicht nicht ganz so viele gäbe, wenn die offiziellen Fussballtrikots nicht so unverschämt teuer wären.
  • Public Viewing: Lust auf einen kleinen Zaubertrick vor Publikum? Ganz einfach. Lade die Sofascore App auf dein Handy. Dort wird die exakte reale Spielzeit angezeigt. Such nun ein Public Viewing auf. Du wirst feststellen, dass das Spiel bis zu 12 Sekunden verzögert gezeigt wird (je nach Sender und technischer Übertragungsart). Jetzt aktivierst du die Funktion «Toralarm» und schreist sofort «Toooooooor für Norwegen», wenn die Push-Meldung auf deinem Handy erscheint. Oder «Jaaaaaa, Ausgleich für die Schweiz!» Alle werden dich ratlos anschauen. Und einige Sekunden später bewundern, wenn dir der Fernseher Recht gegeben hat. Gut, vielleicht werden sie dich auch einfach hassen.

PS: Ach so, du weisst gar nicht, wo es die besten Public Viewings gibt? Hier wird dir geholfen.

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