Kopf der Woche: Andreas Schwab
Andreas Schwab, Gemeindepräsident von Bremgarten und Autor, hat ein sehr persönliches Buch veröffentlicht: die tragische Geschichte seiner Jugendliebe.
«Abschied in La Paz», heisst das neue Buch von Andreas Schwab (54), und der Verweis auf die bolivianische Andenstadt zeigt, wie weit seine Gedanken schweifen. Sozialdemokrat Schwab ist seit 2019 Gemeindepräsident von Bremgarten. Es ist ein Nebenamt im 40-Prozent-Pensum, Schwab führt in der einst bürgerlichen Agglomerationsgemeinde seit 2023 eine Regierung mit rot-grüner Mehrheit.
Familienvater Schwab gehört zu den pragmatischen Lokalpolitikern. In seinem Beruf als selbständiger Ausstellungsmacher und Autor pflegt der promovierte Historiker hingegen ein Flair für exzentrische und visionäre Figuren. Nie losgelassen hat ihn die Faszination für die Aussteiger*innen und Reformer*innen, die Anfang des 20. Jahrhunderts den Monte Verità bei Ascona zum Kultort machten. In seinem letzten Werk rollte er die Geschichte der Kunst-Bohème in Europa auf.
Diese Woche nun hat Schwab ein Buch veröffentlicht, in dem er ein persönliches Trauma verarbeitet. Vor 30 Jahren brach seine damalige grosse Liebe Alessandra während eines Auslandjahrs in Bolivien wegen einer Lungenembolie auf der Strasse zusammen und starb. Als ihn die Todesnachricht in Bern erreichte, stürzte der junge Schwab in abgrundtiefe Trauer. Der Todesfall bewegte damals auch die Öffentlichkeit: Alessandra war die Tochter des einflussreichen Berner Architekten Rudolf Rast, der etwa den Verwaltungsbau Titanic II im Monbijouquartier oder die Sporthalle Wankdorf konzipierte.
Jahrzehntelang drückte Schwab sein inneres Trauma weg. Jetzt, nach gelebten Jahren, wagt er es, sich ihm zu stellen. Er gräbt im Estrich Erinnerungsstücke aus, lässt Erinnerungen hochkommen. Und beschreibt ausführlich und ohne sich zu schonen, was damals war und was ihn bis heute aufwühlt.
Es ist, für einen Politiker ohnehin, ein ungewöhnlich privates Buch. Aber es ist auch ein Buch über eine Traurigkeit, die viele von uns kennen. Über den Abschied von Menschen. Über den Abschied von Illusionen. Oder über den Abschied von Wegen, die das eigene Leben dann doch nicht nahm.
Andreas Schwab: Abschied in La Paz. 183 Seiten, Bellis-Verlag.
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