Klimakosten – «Hauptstadt»-Brief #371

Dienstag, 1. Oktober 2024 – die Themen: Autobahn; Schiessstand; Asyl, Igeltunnel; Fussball; Betrug; Gastronomie.

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(Bild: Marc Brunner, Buro Destruct)

Mehr Fahrspuren, mehr Verkehr oder kein Autobahnausbau, keine zusätzliche Klimabelastung? Im Schatten der städtischen Wahlen kommt am 24. November eine nationale Vorlage zur Abstimmung, die grosse Auswirkungen auf die Region Bern hat. 

In einem Paket zum Nationalstrassenbau befinden die Stimmbürger*innen auch über den Ausbau der Autobahn A1 von sechs auf acht Spuren zwischen Wankdorf und Schönbühl. Ebenfalls abgestimmt wird über den Ausbau von vier auf sechs Spuren zwischen Schönbühl und Kirchberg*. 

Bundesrat und Parlament wollen die Autobahnen verbreitern und so die Reisezeiten verkürzen. Verkehrsverbände wollen mit ihrem Referendum Mehrverkehr und damit eine erhöhte Klimabelastung verhindern. 

Nun erhalten die Verbände im Abstimmungskampf Aufwind. Und zwar, weil die Bundesverwaltung die externen Kosten des Schweizer Verkehrs neu berechnet. Die Klimabelastung des Autoverkehrs ist damit höher als bisher angenommen. 

Laut einem Bericht der «NZZ am Sonntag» steigen die externen Kosten mit den neuen Berechnungen beim motorisierten Verkehr von 10,8 Milliarden Franken auf 17,3 Milliarden Franken im Jahr. Ein Grossteil der Kostenanstiegs ist laut dem Bericht auf einen aktualisierten Klimakostenansatz zurückzuführen. Neu wird eine Tonne CO2 mit 430 statt nur 140 Franken verrechnet. Der alte Ansatz war vor zwanzig Jahren festgesetzt worden und laut Dokumenten der Bundesverwaltung «sehr konservativ gewählt».

Mit den neuen Messgrössen dürften sich auch die Kosten-Nutzen-Analysen für den Spurausbau im Norden Berns verändern. Bisher ging man für den Ausbau Wankdorf-Schönbühl laut einer Kosten-Nutzen-Analyse, über welche die «Hauptstadt» vor zwei Jahren berichtete, von jährlich 2,3 Millionen Franken Klimakosten aus. Mit dem neuen Ansatz könnten sich diese Kosten auf rund 7 Millionen Franken verdreifachen. 

Zu hoffen ist, dass Umweltminister Albert Rösti (SVP) diese neuen Zahlen in die Abstimmungsunterlagen integriert, damit die Stimmbürger*innen in Kenntnis des neuesten Stands des Wissens über den Autobahnausbau entscheiden können.

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Fotoserie von Tanja Krebs (11/12). (Bild: Tanja Krebs)

Und hier noch die weiteren Themen des Tages:

  • Schiessen: In Riedbach, im wilden Westen Berns, liegt die einzige Schiessanlage der Stadt. Betrieben wird sie von Schutz und Rettung Bern. Doch Besuch erhält sie selten. Der langjährige Mediensprecher von Schutz und Rettung war kürzlich zum ersten Mal vor Ort. Der Grund: Mein Kollege Nicolai Morawitz wollte sich die Anlage für eine Reportage anschauen. In seinem Text geht es um Kugelfänge, Patronenhülsen, Fett und Vereine, die nur Dank der jährlichen Schiesspflicht für Armeeangehörige überleben.
  • Asyl: Am Samstag demonstrierten in der Berner Innenstadt laut der Nachrichtenagentur SDA bei strömendem Regen rund 1000 Personen für die Rechte von Geflüchteten. Die Demonstration forderte ein menschlicheres Asyl- und Migrationsregime der Schweiz und Europas und kritisierte rassistische Ausgrenzung. Sie diente aber auch als Reaktion auf die von der SVP angestossene Asyl-Sonderdebatte, die letzte Woche im Nationalrat stattgefunden hat. Die Ratsmehrheit ist dabei einem Vorstoss der SVP gefolgt, Personen mit einer vorläufigen Aufnahme das Recht auf Familiennachzug generell zu verweigern. Dies, obwohl der Vorstoss mit der Bundesverfassung und den Menschenrechten nicht vereinbar ist. Der Ständerat stimmte dem Vorstoss nicht zu, sondern leitete ihn an die Staatspolitische Kommission weiter. Ein Entscheid folgt voraussichtlich im Dezember.
  • Igeltunnnel: Heute Abend wird im Garten der Belgischen Botschaft mit einer kleinen Feier ein Igeltunnel eröffnet. Der Grund für den Tunnel ist laut einer Mitteilung der Botschaft, dass der Garten am vielbefahrenen Thunplatz komplett eingezäunt ist. Deshalb sei es wichtig, sichere Wege für Igel zu schaffen, damit diese nicht auf gefährliche Strassen geraten und Schutz in den umliegenden Grünflächen finden können. Der Tunnel sei zusammen mit Stadtgün speziell für Igel entwickelt worden. Ein schräger Eingang stelle sicher, dass nur Igel ihn nutzen können – nicht aber Katzen, so die Botschaft.
  • Fussball: Heute Abend steht für die YB-Fussballer und ihre Fans ein Highlight an. Sie treten in der Champions League auswärts in Spanien gegen den FC Barcelona an. Man kann nur hoffen, dass sie nach dem miserablen Spiel am Samstag im Wankdorf (0:1-Niederlage gegen die Grasshoppers) den Mut wieder finden. Prägnant fasst der Fussball-Blog «Zum runden Leder» die Situation zusammen. Inspirieren könnten sich die YB-Spieler bei den YB Frauen, die am Sonntag den FC Luzern mit 5:1 vom Platz fegten. Die «Hauptstadt» hat das Spiel für dich in einem Fotoessay zusammengefasst. 
  • Betrug: Die Kantonspolizei Bern hat seit Mitte September über 20 Meldungen zu betrügerischen Telefonanrufen registriert. Ein mutmasslicher Kurier konnte festgenommen werden. Bei einem Betrug von über 18'000 Franken sei eine ältere Frau von einer unbekannten Täterschaft per Telefonanruf kontaktiert worden, teilte die Kantonspolizei am Montag mit. Die Anrufenden gaben sich als Polizist, Bankangestellter oder Mitarbeiter eines Elektronikfachgeschäfts aus. 
  • Gastronomie: Im Restaurant-Führer Gault Millau 2025 erhalten zwei Berner Gourmet-Lokale einen Punkt mehr, so das Casa Novo (neu 14) in der Matte und das Huayuan im Fischermätteli (neu 14). Neu gelistet ist das Sushi-Restaurant Yamasaki (13) in der Kramgasse. Das am besten bewertete Restaurant der Stadt bleibt die Steinhalle mit 17 Punkten.

PS: Mehrwegbecher haben einen schweren Stand gegen das billige Einweggeschirr. Die Firma Kooky hat offenbar ihr Mehrwegsystem in Bern im öffentlichen Raum aufgegeben. Laut einer Mitteilung des Lokals Apfelgold auf Instagram hat die Firma die Sammelständer schon abmontiert. Schon im Sommer hatte sich Kooky aus den Bahnhöfen zurückgezogen.

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* In der per Mail verschickten Version des Hauptstadtbriefs verlegten wir die A1 fälschlicherweise nach Kirchdorf.

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