Kruits Kalkül
Die Tiefbaudirektion von Marieke Kruit (SP) verschafft sich mit dem Auftrag an den Innenstadt-Lobbyisten politische Akzeptanz für einen autoarmen Bahnhofplatz, kommentiert Joël Widmer.
Der Auftrag von Marieke Kruits Tiefbaudirektion an Innenstadt-Lobbyist Sven Gubler für maximal 37’000 Franken irritiert. Eine Definition von Wirtschaftsverkehr zu erarbeiten ist eine Aufgabe, die man auch einer Stadtverwaltung zutrauen könnte. Im Aufgabenbeschrieb des Auftrags an Gubler stehen Fragen wie zum Beispiel:
Welche Gremien betreffend «Wirtschaftsverkehr» gibt es in der Stadt Bern (Güterverkehrsrunde, City-Logistic, Entladezonen, etc.)?
Welche Themen werden in den einzelnen Gremien der Stadt Bern besprochen?
Wie wird in anderen Städten der «Wirtschaftsverkehr» definiert?
Was sind die gesetzlichen Grundlagen zum «Wirtschaftsverkehr»?
Für viele Antworten muss Gubler wohl schlicht in der Berner Stadtverwaltung nachfragen oder Mails an andere Stadtverwaltungen schicken. Eine Arbeit, die gut auch ein*e Stadtangestellte*r machen könnte.
Fragt sich also, warum man den Auftrag dennoch an den Innenstadt-Lobbyisten vergab.
Hintergrund des Auftrags sind höchstwahrscheinlich nicht die angeblich knappen Ressourcen oder fehlende Kompetenzen in der Verwaltung. Es geht dabei vielmehr um eine politische Strategie, die dem autoarmen Bahnhofplatz zum Durchbruch verhelfen soll: Kruits Direktion verschafft sich mit dem 37’000-Franken-Auftrag an Gubler Akzeptanz für ihr Projekt beim Gewerbe.
Wenn Gubler – der Präsident der Innenstadtorganisation Bern City – die neue Strategie für einen autoarmen Bahnhofplatz selbst mitprägen kann, wird er sie wohl auch verteidigen. Und Gubler ist – mit seiner Organisation im Rücken – ein gut vernetzter und zentraler Interessenvertreter, der als wichtiger Multiplikator und Verkäufer der neuen Verkehrsstrategie dienen kann.