Komprimiert, intensiv – und beglückend
«Hauptstadt»-Artikel auf der Bühne vorgelesen: Das funktioniert, beweist das erstmalig durchgeführte Format «Hauptstadt On Stage» im Tojo Theater. Ein Rückblick in Bildern.
Die Discokugel dreht, während Sandro Griesser auf dem Barhocker sitzt und sich dem Berner Nachtleben widmet. Er liest den Text «Das Unesco-Nachtkulturerbe» vor. Immer wieder muss das Publikum grinsen. Es ist nicht schwer, sich von der lauschigen Atmosphäre des Theaters gedanklich in eine Altstadt-Bar zu versetzen, wo einsame Männer spätabends vor einem einsamen Bier sitzen.
Der Text ist im Mai 2023 entstanden, als die «Hauptstadt» ihre Redaktion in die Berner Innenstadt verlegt hatte. Humorvoll dreht er sich um das Berner Nachtleben, das sich in den letzten 30 Jahren grundlegend verändert hat. Autor*innen Andrea von Däniken und Jürg Steiner verbringen dafür eine Nacht in Bars der Innenstadt.
Es ist einer der Texte, die am Samstagabend im Tojo Theater in der Reitschule vorgelesen werden. Das Tojo-Kollektiv, bestehend aus ganz unterschiedlichen Menschen, die sonst eher im Hintergrund wirken, betritt dafür für einmal die Bühne. Es hat die Texte ausgewählt aus den Vorschlägen der Redaktor*innen der «Hauptstadt».
Texte werden so ganz neu und intensiv erlebbar gemacht. Das Publikum kann eintauchen in die leidvolle Geschichte der afghanischen Familie, die ihren Angehörigen ein humanitäres Visum beschaffen möchte – oder dem intensiven Dialog zweier Menschen mit Psychiatrieerfahrung lauschen.
Am Schluss des Abends hat man innert eineinhalb Stunden Freud und Leid eines ganzen Lebens durchlebt. Komprimiert, intensiv – und beglückend.