Europaplatz Spezial

Ladenwandgut – «Hauptstadt»-Brief #380

Dienstag, 22. Oktober 2024 – die Themen: Familiengärten, gefundene Unterschriften, Wahlen Köniz und Kehrsatz, Wirtschaftspreis, Medien-Abo für 18-Jährige, Eichelnvergiftung, nachhaltige Stoffe, YB-Wochenende.

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(Bild: Marc Brunner, Buro Destruct)

Der Eingang zu den Familiengärten im Ladenwandgut beim Europaplatz ist mit Müll zugepackt: Ein alter Grill, Kehrichtsäcke, viel Sperrholz. In manchen Gärten stehen noch verdorrte Maispflanzen oder Buschbohnen. In anderen wächst eine Gründüngung. Und in einigen wuchert es so wild, dass klar ist, dass hier in diesem Sommer nicht mehr gegärtnert wurde.

Bis Ende September mussten die Pächter*innen von 41 Gärten im Ladenwandgut ihre Parzellen räumen. Dieser Platz wird künftig gebraucht als Installationsfläche für den Neubau der S-Bahn-Haltestelle Europaplatz Nord. Später wird hier Grünraum für die neuen Hochhäuser entstehen.

Vor eineinhalb Jahren habe ich die Gärten schon einmal besucht. Damals herrschte bei den Pächter*innen Aufruhr und Ratlosigkeit, weil die Stadt ihnen relativ kurzfristig mitgeteilt hatte, dass die Gärten geräumt werden müssen und es keinen Ersatz für sie gibt.

Andrea Aebersold etwa fürchtete um seltene Pflanzen wie das Kerbelkraut, die bei ihr wuchsen. Sie hat bereits letzten Herbst eine neue Parzelle im Zypressenareal bekommen und viele Pflanzen gezügelt. Das meiste sei gut angewachsen, sagt sie. Markus Megert, der gerne bei einem Bier vor dem Häuschen sass, hat einen neuen Garten im Ostring. 

Bei meinem gestrigen Besuch ist es still im Ladenwandgut. Einzig Pächter Mikayil Güler montiert ein paar Bretter ab. 26 Jahre lang hat er hier gegärtnert. «Das macht schon traurig», sagt der gebürtige Türke. «Wir sind eine Gemeinschaft gewesen, jeder hat jeden gekannt.»  

Auch er hat einen neuen Garten, seiner ist beim Loryplatz. Die Pächter*innen wurden bei der Suche von der Stadt bevorzugt behandelt. Teilweise teilten Pächter*innen verbleibende Gärten auch unter sich auf. Und einige haben aufgehört. 

Die Tomatenpflanzen von Mikayil Güler stehen noch. «Solange die Bagger nicht auffahren, ernte ich sie», sagt er. Die Traubenranken hingegen werde er nicht mehr schneiden. Wozu auch?

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Fotoserie von Gia Han Le (8/12): Sommerende. (Bild: Gia Han Le)

Und das ist heute auch noch wichtig:

  • Unterschriften gefunden: Die Stadtkanzlei hat die eingeschriebene Postsendung mit zu beglaubigenden Unterschriften für die städtische Mindestlohn-Initiative wiedergefunden, teilt die Stadt mit. Die 254 Unterschriftenbogen mit etwa 1600 Unterschriften waren in einer Verpackungsschachtel für Klebeetiketten verpackt. Sie wurden fälschlicherweise für Büromaterial gehalten und ungeöffnet in einen Schrank geräumt. Am Freitagnachmittag hat ein*e Mitarbeiter*in die Verpackung geöffnet und dabei die Unterschriften gefunden. Die Stadtkanzlei bedauere den Vorfall nach wie vor sehr. Das Initiativkomitee plant die Einreichung der Unterschriften auf 28. Oktober.  
  • Wahlen Köniz: Alles beim Alten in Köniz. In der Kampfwahl um den freiwerdenden Sitz des zurücktretenden GLP-Gemeinderats Thomas Brönnimann hat am Sonntag im zweiten Wahlgang sein Parteikollege Thomas Marti gesiegt. Herausgefordert worden war er von Géraldine Mercedes Boesch (SP). Hätte die SP gewonnen, wäre Köniz wieder von einer rot-grünen Mehrheit regiert worden.  
  • Wahlen Kehrsatz: Auch in Kehrsatz kommt es bei den Gemeindewahlen zu keinen grossen Verschiebungen. Das neue rot-grüne Bündnis holt zwei Sitze, der Rat bleibt aber bürgerlich dominiert mit zwei FDP- und einem SVP-Sitz. Noch offen ist das Rennen um das Gemeindepräsidium am 24. November. Da konkurrieren sich Laura Rossi (rot-grün) und Christoph Läderach (FDP). Läderach wird auch von SVP und Mitte unterstützt. Die erstmals angetretene Mitte holte keinen Sitz im Gemeinderat.
  • Wirtschaftspreis: Der Zürcher Jöggi Rihs erhält den diesjährigen Wirtschaftspreis der Sektion Bern des Handels- und Industrievereins des Kantons Bern (HIV). Der Besitzer der Berner Young Boys und des Stadions Wankdorf gewinnt den 1985 ins Leben gerufenen Wirtschaftspreis für seinen sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg mit YB. Dabei steckte der Club 2008, als Rihs einstieg, sportlich und wirtschaftlich in Schwierigkeiten. Die Auszeichnung wird jährlich an eine Persönlichkeit verliehen, die einen ausserordentlichen Beitrag für den Wirtschaftsstandort Bern leistet.  
  • YB-Wochenende: Die YB-Frauen haben am Samstag auswärts 3:0 gegen GC gewonnen. Somit setzen sie sich an die Tabellenspitze. Und auch für die YB-Männer gibt es am Samstag endlich einen Lichtblick: Mit dem neuen Interims-Trainer Joël Magnin siegen sie zuhause 2:1 gegen Luzern. Ob sie aus diesem Spiel Kraft für die dritte Champions-League-Partie tanken können? Morgen Mittwoch (21 Uhr) ist Inter Mailand im Wankdorf zu Gast.  
  • Nachhaltige Stoffe: Mirjam Liechti betreibt ein Stoff-Atelier in Holligen. Sie setzt in der umweltbelastenden Textilbranche konsequent auf Nachhaltigkeit. Was das heisst und wie aufwändig das ist, hat sie meiner Kollegin Julia Ingold erzählt.  
  • Medien: Der Berner Regierungsrat will den Jugendlichen zum 18. Geburtstag kein Zeitungsabo spendieren. Das macht er in seiner Antwort auf einen Vorstoss von Manuel C. Widmer (Grüne) deutlich. Der hatte betont, dass ein Gratis-Zeitungsabo für ein Jahr sich positiv auf die Jugendlichen, ihre Medienkompetenz und die Teilhabe an der Demokratie auswirken könne. Mitunterzeichnet war das Postulat von Grossratsmitgliedern aus SP, EVP, Mitte, GLP und SVP. Der Regierungsrat entgegnete, dass die Kosten dafür zu hoch seien und er kein «stark abnehmendes generelles Interesse an politischen Themen» bei Jugendlichen feststelle. Es sei an den Medien, sich an «die neuen Gewohnheiten beim Medienkonsum» anzupassen.   
  • Eichelnvergiftung: Das Moschusochsen-Weibchen Maike im Tierpark Dählhölzli ist tot. Verantwortlich dafür ist ein Übermass an gefressenen Eicheln, wie der Tierpark mitteilt. Moschusochsen leben in der kargen Tundra und fressen alles, was ihnen in ihrem Lebensraum als Nahrung zur Verfügung steht. In diesem Jahr seien viel mehr Eicheln als sonst von der mächtigen Eiche in die Anlage gefallen. Bei übermässiger Aufnahme können Giftstoffe in den Eicheln die Schleimhäute des Verdauungstrakts und die Nieren schädigen. Während für Maike nichts mehr zu machen war, konnte das Moschusochsen-Männchen rechtzeitig behandelt werden. Nun wird eine dauerhafte Abschrankung der Eiche in der Anlage geplant.

PS: Seit gestern Nachmittag arbeitet unsere Redaktion im Haus der Religionen am Europaplatz. Du willst uns besuchen? Das machst du am besten diesen Donnerstag, 10 Uhr an unserer offenen Redaktionssitzung.

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