Kultur, Kaffee und Kuchen

Das Montagscafé im Stadttheater ist ein Begegnungsort für Migrant*innen aus Bern. Es wird gesungen, getuschelt, gelacht. Manchmal erhascht man einen Blick darauf, wie das Leben der Anwesenden einmal war. Dieses Porträt ist Teil unserer Mini-Serie «Orte der Hoffnung».

Illustration eines integrativen Berner Projektes für Migrant*innen
(Bild: Silja Elsener)

Im ersten Stock des Stadttheaters, zwischen Kronleuchtern und türkisen Tapeten, ist an jedem zweiten Montagnachmittag viel los. «Coffee is arriving in one second!», ruft eine der Mitarbeiterinnen vom Stadttheater hinter dem Tresen hervor. Vor ihr stehen Teller mit Pflaumenkuchen, Schokoladentorten und Zitronencakes. Immer mehr Menschen strömen in den kleinen Saal, sie begrüssen sich mit Händedruck und Küssen auf die Wange.

Orte der Hoffnung

Für viele Geflüchtete ist es schwierig, in einer neuen Stadt und einem neuen Umfeld Anschluss zu finden. Unsere Mini-Serie «Orte der Hoffnung» über Pfingsten bietet Einblick in drei Berner Projekte, die die Integration unterstützen und Menschen zusammenbringen.

  • Teil II: Montagscafé

Sie treffen sich im Stadttheater zum «Montagscafé», das es seit einem Jahr gibt und das aus der akuten Notsituation der in der Schweiz ankommenden Geflüchteten aus der Ukraine entstanden ist. An den kleinen Tischen sitzen aber nicht nur Ukrainer*innen, sondern Migrant*innen aus verschiedenen Ländern. Entstanden ist dieser Anlass durch eine Zusammenarbeit der Rechtsberatungsstelle Bern (RBS) und Bühnen Bern.

«Die Idee war es, einen offenen Raum anzubieten. Einen Raum, der es ermöglicht, in einer schönen Umgebung zusammen zu sein, das Stadttheater als einen öffentlichen Ort zu nutzen und Menschen einzuladen, denen es im Moment nicht gut geht», sagt Felicitas Zürcher, Chefdramaturgin und stellvertretende Schauspieldirektorin bei Bühnen Bern. Das Anliegen der RBS war zudem, dass ein Diskurs zum Thema Flucht, Asylverfahren und Migration initiiert und gefördert wird.

Offenes Mikrofon

Eine Stunde lang ist der imposante Raum gefüllt mit Flüsterworten und Lachen. Ein Herr mit gepunkteter Krawatte und einer schwarzen Weste erzählt in gebrochenem Englisch von seinen naturwissenschaftlichen Forschungen, die er in seinem Heimatland begonnen hat und jetzt in der Schweiz weiterführt. Auf der anderen Seite sitzt ein Mann mit Krawatte und Anzug, der sich mit einer Familie unterhält. Er ist einer der Rechtsanwält*innen, die an jedem Montagscafé vor Ort sind, um die Besucher*innen in Rechtsfragen zu unterstützen. Das hat das RBS organisiert.

Neben Kaffee und Kuchen bleibt auch Raum für Kultur und Kreativität. Schliesslich befindet man sich im Stadttheater. Nach einer Stunde «käffele» verkündet Felicitas Zürcher, dass es jetzt Zeit für das «Open Mic» sei. Eine junge Frau in schwarzem Kleid tritt vor die Anwesenden, um auf ihrem Cello eine Prélude von Bach zu spielen. In ihrem Heimatland war sie professionelle Musikerin, hier tritt sie nur im Montagscafé auf. Auf sie folgt ein Stand-Up-Komödiant, der halb auf ukrainisch, halb auf englisch seine Witze preisgibt. Das Ende macht eine ukrainische Sängerin mit «Diamonds are a girl's best friend». Danach verlässt das Lachen mit den Besucher*innen den Saal. Leere Kaffeetassen und krümelige Servietten sind die einzigen Überbleibsel.

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