Superblocks – Hauptstadt-Brief #191
Donnerstag, 29. Juni – die Themen: Geflüchtete Radrennfahrer*innen; Veloverleih; Bieler Stadtpräsident; Perron 49/50; Campus Bern; Musik; Kirchenfusion.
Jede Stadt hat ihre Eigenheiten. Deswegen lohnt sich oft ein Blick über die Stadtgrenze hinaus. Um zu schauen, was in anderen Städten dieser Welt so vor sich geht – gerade auch stadtplanerisch.
Zum Beispiel nach Barcelona. Dort gibt es seit 1992 sogenannte Superblocks – Einheiten à drei mal drei Häuserblocks. Der Verkehr fliesst um die Superblocks herum, die Strassen innerhalb sind frei von Autos und Motorrädern. So entsteht Platz für Begrünung, Spiel- und Aufenthaltsflächen. Das dient dem Kampf gegen den Klimawandel und erhöht die Lebensqualität der Bewohner*innen.
Barcelona profitiert dabei von seiner rasterartigen Quartierstruktur. Doch auch Schweizer Städte eignen sich grundsätzlich für das Konzept. Zu diesem Schluss kommt eine Nationalfondsstudie der Empa. In Basel, Zürich und Luzern gibt es denn auch Bestrebungen, das Konzept zu testen.
Nun verlangt ein interfraktioneller Vorstoss den Test von Superblocks auch in Bern. Die Motion wird an der Stadtratssitzung heute Abend eingereicht. Konkret soll die Stadtregierung ermitteln, wo Superblocks in Bern möglich wären und diese an zwei Standorten mittels «befristeten Massnahmen rasch und kostengünstig» testen.
Die «Hauptstadt» wird wie üblich die Stadtratssitzung besuchen und darüber berichten. Hier kannst du dich für den Stadtrat-Brief anmelden.
Die weiteren Themen des Tages:
- Geflüchtete Radrennfahrer*innen: Als im Februar 2022 die russische Invasion begann, flüchteten viele Ukrainer*innen ins Ausland. Auch 27 Nachwuchs-Radfahrer*innen. In der Schweiz fanden sie im nationalen Sportzentrum in Magglingen eine Bleibe. Bis heute lebt der Grossteil von ihnen hoch über dem Bielersee. Der Traum einer Radsport-Karriere gibt den jungen Athlet*innen eine Perspektive. Eva Breitenstein von unserem Partnermagazin «Gruppetto» hat die geflüchteten Nachwuchssportler*innen besucht.
- Veloverleih: Die Stadt Bern will ihr Veloverleihsystem neu ausschreiben – gemeinsam mit zwölf umliegenden Gemeinden (Muri-Gümligen, Köniz, Ostermundigen, Ittigen, Belp, Kehrsatz, Münchenbuchsee, Münsingen, Vechigen, Wohlen, Worb und Zollikofen). Ziel ist eine gemeindeübergreifende Lösung, wie die Stadt schreibt. Aktuell haben einige der Gemeinden mit der Betreiberin Publibike je separate Leistungsverträge zu unterschiedlichen Konditionen abgeschlossen. Das neue System soll ab 2026 laufen. In der nun vorzubereitenden Ausschreibung wird auskommen, ob künftig weiterhin Publibike oder ein anderer Anbieter für den Betrieb zuständig sein wird.
- Bieler Stadtpräsident: Erich Fehr (SP) tritt im September 2024 nicht mehr zur Wiederwahl an. Das teilte der 54-Jährige am Dienstag mit. Fehr ist seit 2011 Stadtpräsident, nun hat er genug. In seine Amtszeit fallen etwa der Bau der Tissot Arena oder die Ansiedlung des Innovationsparks. An eine Fortsetzung seiner politischen Karriere auf anderer Stufe glaubt Fehr nicht, wie er im Ajour-Interview (Abo) sagt: «Als 55-jähriger, weisser Deutschschweizer habe ich schlicht nicht das gefragte Profil.» Bei der letzten Wahl hatte Fehr erfolglos für die Berner Kantonsregierung kandidiert.
- Perron 49/50: Eigentlich als Provisorium gedacht, wollen die SBB das überlange Perron am Bahnhof Bern nun dauerhaft behalten. Das bestätigte eine SBB-Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das Perron 49/50 ist eine Verlängerung des Perrons 9/10 und befindet sich ausserhalb des Bahnhofsgebäudes. Aufgrund von Gleissperren während der Umbauarbeiten am Bahnhof dient das verlängerte Perron seit 2019 als zusätzliche Haltemöglichkeit. Weil in Zukunft weitere Grossprojekte rund um den Bahnhof anstehen, planen die SBB nun einen Antrag für den dauerhaften Betrieb des Perrons.
- Campus Bern: Beim Europaplatz, in unmittelbarer Nähe zum Freibad Weyermannshaus, will die Berner Fachhochschule (BFH) in den kommenden Jahren vier Departemente zentralisieren. Dazu soll auf dem heutigen Gewerbeareal ein moderner Campus entstehen. Die entsprechenden Pläne inklusive Projektbildern hat der Kanton vergangene Woche präsentiert. Damit der Bau realisiert werden kann, ist auch eine neue Überbauungsordnung nötig. Die entsprechenden Auflagen sind nun öffentlich einsehbar.
- Musik: In den letzten Jahren sind in der Schweiz hervorragende Musikprojekte mit einem hohen Grad an Diversität entstanden. Trotzdem ist sie noch kaum sichtbar. Bei der Bühnenpräsenz stehen 89 Prozent Männer 11 Prozent Frauen gegenüber. Warum aber erhalten diverse Künstler*innen so wenig Platz? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Kommentar unseres Partnermagazins Frida.
- Kirche: Die Fusion der zwölf evangelisch-reformierten Kirchgemeinden und der Gesamtkirchgemeinde zu einer einzigen Kirchgemeinde in der Stadt Bern ist einen Schritt weiter. Mit 19 zu 16 Stimmen* bejahte der Grosse Kirchenrat gestern Abend die Fortführung des Fusionsprojekts. Das berichtet die Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Nun wird ein möglicher Fusionsvertrag ausgearbeitet. Das letzte Wort haben die Mitglieder in einer Volksabstimmung.
PS: Falls du dein Italo-Herz für die Sommerferien aufladen möchtest, schau morgen Freitagabend in der Alten Feuerwehr Viktoria vorbei. Die Berner Kulturgruppe Pecore Ribelli hat die 883 Tribute Band für ein Live-Konzert (ab 19 Uhr, zuerst Food, dann Sound, Eintritt frei) engagiert. 883 bedeutet: Zuckersüsse Italo-Popsongs von Max Pezzali aus den 90ern, etwa Canzone d’amore. Italienisches Mitsingen kommt von selbst.
* Das Abstimmungsergebnis wurde nachträglich korrigiert und die ursprüngliche Angabe (21:6) mit dem korrekten Ergebnis (19:16) ersetzt.