Tanzen – Hauptstadt-Brief #435
Donnerstag, 6. März 2025 – die Themen: Raves am Dienstag; Gurtenfestival; Fussball; Wahlen in Köniz, Gastrokritik; Schulraum; Arbeitsintegration; BLS.
Mich zu lauter Musik zu bewegen, ist für mich pures Glück. Bei kaum einer anderen Aktivität vergesse ich so leicht allen Welt- und anderen Schmerz wie beim freien Tanzen.
Dieses Glück finde ich regelmässig im Schloss Köniz. Dort findet jeweils am letzten Dienstagabend im Monat das «zTanz» statt: Ein Drei-Stunden-Rave zu einer Mischung aus elektronischer Musik und Live-Perkussion.
Die Veranstaltungsreihe gibt es seit 2022. Ich habe sie letztes Jahr durch eine Freundin entdeckt. Die Events sind immer ausgebucht – obwohl die Tickets mit 35 Franken (26 für Student*innen) nicht günstig sind.
Etwa 180 Leute finden sich jeweils im «Rossstall» wieder, um sich auszutoben und spätestens um 23 Uhr, in der Regel verschwitzt und fröhlich, nach Hause zu gehen.
Mir gefällt an dem Format, dass es Leute aus unterschiedlichen Altersklassen und Gesellschaftsgruppen anzieht. Auf der Tanzfläche sehe ich Menschen mit Pailletten-Tops, vielen Tattoos oder Vokuhilas neben solchen mit graumelierten Kurzhaarschnitten und seriösen V-Ausschnitten. Auch eine Person im Rollstuhl war letzte Woche da.
Die drei Berner*innen Nina Dettwiler, Mirjam Gosteli und Simon Weber sind die Köpfe hinter «zTanz». Gosteli steht auch als Perkussionistin auf der Bühne, Weber als DJ. In der Psytrance- und Techno-Szene verankert, sagt der 45-Jährige: «Wir wollten eine Veranstaltung kreieren, die ein diverseres Publikum anspricht als klassische Psytrance- und Techno-Raves.» Das sei gelungen. Dettwiler (33) erzählt: «Manche junge Erwachsene kommen mit ihrer Mutter oder dem Onkel». Für elektronische Musik ist das untypisch.
Das hat auch mit der Uhrzeit zu tun: Ein «Rave» an einem Dienstag um 19 Uhr ist nicht dasselbe wie einer samstagnachts. Alkohol gibt es an der Bar im Schloss Köniz zwar, der Rausch steht aber überhaupt nicht im Zentrum der Veranstaltung.
«Wir wurden anfangs für verrückt erklärt, am Dienstagabend so etwas anzubieten», erzählt Gosteli. Offensichtlich zu Unrecht. Der Erfolg von «zTanz» spricht für eine Entwicklung, die meine Kollegin Andrea von Däniken kürzlich als «kleine Revolution im Berner Nachtleben» bezeichnet hat: Neue Formate, die nicht zwingend bis in die Morgenstunden dauern, boomen. Denn Tanzen zu elektronischer Musik tut längst nicht nur denen gut, die sich gerne die Nächte um die Ohren schlagen.
Und jetzt noch zu anderen Themen des Tages:
- Gurtenfestival: Letzten Sommer hat das Gurtenfestival wegen einer Fehlbuchung viel mehr Menschen aufs Gelände gelassen als erlaubt. Die Verantwortlichen leugneten dies lange, bis eine Recherche von Tamedia vor Weihnachten die Wahrheit ans Licht brachte. Nun spricht Festivalchef Bobby Bähler ausführlich über die Fehler, die gemacht wurden. «Das klingt jetzt wirklich dumm, aber es hat vielleicht auch mit Scham zu tun», sagt Bähler gegenüber der «Hauptstadt». Das Gurtenfestival habe schlichtweg nicht gewusst, wie es den Fehler kommunizieren solle. Nun verkündet Bähler auch Neuerungen. Meine Kolleginnen Andrea von Däniken und Marina Bolzli führten das Interview.
- Fussball: YB-Sportchef Steve von Bergen verlässt den Verein im Sommer freiwillig. Der 41-Jährige hat gestern angekündigt, dass er aus privaten Gründen seinen Vertrag per Saisonende nicht verlängern werde: «Ich konnte meine Vaterrolle nicht mehr so wahrnehmen, wie ich es für richtig und nötig halte», wird von Bergen in einer Medienmitteilung zitiert. Mit dem Rücktritt wird sich laut Verein die Rollenverteilung in der sportlichen Führung verändern. Christoph Spycher bleibt Gesamtverantwortlicher für den Sport, er wird aber im Alltag wieder näher an Trainer und Mannschaft rücken, so YB. Unterstützung erhält er dabei vom ehemaligen FCZ-Profi Mathieu Beda. Der Franzose wird Technischer Direktor.
- Wahlen in Köniz: Die SVP und die FDP gehen für die Gemeindewahlen in Köniz vom September 2025 eine Listenverbindung ein. Das teilten die Parteien am Dienstag mit. Sie wollen mit dem Bündnis ihre zwei Sitze in der Regierung verteidigen. Diese sind gefährdet, weil die SP einen zweiten Sitz erobern möchte. Im Parlament strebt die FDP einen zusätzlichen, siebten Sitz an. Die SVP möchte sich laut Mitteilung von sechs auf acht Sitze steigern.
- Gastro in Köniz: Die «Hauptstadt»-Redaktion testet diese Woche beim Mittagessen das gastronomische Angebot rund um ihren temporären Arbeitsplatz im Liebefeld. Wie es uns im Le Beizli und bei diversen Take-Aways geschmeckt hat, kannst du hier lesen.
- Schulraum: Das Gymnasium Neufeld kann saniert werden. Das Kantonsparlament hat gestern einen Kredit von 169,7 Millionen Franken für die Renovierung der teilweise denkmalgeschützten Gebäude einstimmig bewilligt, wie die Nachrichtenagentur SDA berichtet. Mit der Sanierung soll das Gymnasium an den neuen Fernwärmeverbund von Energie Wasser Bern angeschlossen werden. Der nicht denkmalgeschützte Nordtrakt der Schule soll durch einen viergeschossigen Neubau ersetzt werden, um den hohen Bedarf an Schulraum und Sporthallen zu decken.
- Arbeitsintegration: Roland Hegnauer wird neuer Leiter des städtischen Kompetenzzentrums Arbeit. Das hat die Stadt Bern gestern mitgeteilt. Der 53-Jährige folgt im Juni auf Erich Zbinden, der per Ende April 2025 pensioniert wird. Hegnauer leitet seit 2020 die Farb AG, eine Anbieterin von Integrationsprogrammen in Köniz. Er hat Betriebsökonomie studiert und lebt in Bern.
- BLS: Dem Kanton Bern sollen künftig mindestens 50 und höchstens 70 Prozent der BLS-Aktien gehören. Das Kantonsparlament hat gestern eine Gesetzesvorlage verabschiedet, welche die Beteiligung des Kantons am Bahnunternehmen festlegt. Aktuell besitzt der Kanton Bern 56 Prozent der Aktien. Eine Minderheit unter Führung der FDP wollte keine Obergrenze einführen, wie die Nachrichtenagentur SDA schreibt. Die Mehrheit entschied aber, der Kanton solle nicht Alleinaktionär werden können.
PS: Unabhängigen Lokaljournalismus braucht es überall. Zum Beispiel in Winterthur. Dort läuft seit dieser Woche ein Crowdfunding für ein neues digitales Lokalmagazin namens «Wnti». Die «Hauptstadt» drückt den Kolleg*innen im Osten die Daumen!