Aline Trede will – und hat Chancen
Rund zehn Monate vor den Berner Regierungsratswahlen wird klarer, wer kandidieren will und wie sich die Ausgangslage für Grüne und SP gestaltet.
«Ich möchte den Kanton Bern noch cooler machen», sagt Aline Trede, Nationalrätin der Grünen. Sie sitzt im Frühstückscafé Petit Couteau an der Berner Monbijoustrasse, wo sie eine Medienkonferenz einberufen hat. Denn die 41-Jährige will für ihre Partei in den Berner Regierungsrat. Und dort schauen, dass es bezüglich Klima- und Sozialpolitik vorwärts geht.
Das Wort «cool» hat Trede nicht zufällig gewählt. «Das Klimathema ist mir sehr wichtig. Es ist ganz fest meine intrinsische Motivation», sagt sie. Sie habe so lange auf nationaler Ebene Gesetze gemacht, jetzt habe sie Lust, in die Umsetzung zu gehen. Und diese finde stark auf kantonaler oder sogar kommunaler Ebene statt.
Die Stadtbernerin ist die prominenteste Kandidatin, die sich ins Rennen um einen grünen Regierungssitz wirft. Sie ist insgesamt zehn Jahre lang Nationalrätin (von 2013 bis 2015 und wieder seit 2018), seit fünf Jahren präsidiert sie ihre Fraktion. Führungserfahrung habe sie in dieser Zeit genügend sammeln können, sagt die zweifache Mutter. «Die Fraktion ist nach den Wahlen 2019 stark gewachsen. Das war nicht einfach. Aber ich habe so die Führung von starken Persönlichkeiten gelernt – auch wenn ich an meine Grenzen gekommen bin.»
Aline Trede ist die vierte Grüne, die ihre Lust auf einen Sitz in der Regierung kundtut: Bereits getan haben dies in den letzten Wochen der Meiringer Grossrat Beat Kohler, die Bieler Gemeinderätin Lena Frank und der Schwarzenburger Gemeindepräsident Urs Rohrbach. Es könnte noch ein fünfter Name dazukommen. Die Thuner Gemeinderätin Andrea de Meuron hält sich noch offen, ob sie antreten möchte. «Für mich gibt es viele spannende Möglichkeiten», sagt sie auf Anfrage. Eine mögliche Option: Sie könnte in den Nationalrat nachrutschen für Aline Trede. Dort ist sie auf dem zweiten Ersatzplatz hinter der 2023 abgewählten Natalie Imboden.
Run auf drei Sitze
Möglicherweise befinden wir uns gerade in den spannendsten Wochen der Ausmarchung für die Berner Regierungsratswahlen. Die Wahlen selbst finden zwar erst am 29. März 2026, also in über neun Monaten statt. Doch aktuell zeigt sich, wer Ambitionen auf einen Sitz hat. Und das ist dieses Mal offener als bei früheren Wahlen Denn mindestens drei von sieben Sitzen müssen neu besetzt werden.
Neben der Grünen Christine Häsler treten auch Christoph Ammann (SP) und Christoph Neuhaus (SVP) zurück. Noch offen ist, ob Pierre Alain Schnegg (SVP), der den garantierten Jura-Sitz innehat, wieder antreten wird. In der Regierung bleiben wollen hingegen Evi Allemann (SP), Astrid Bärtschi (Mitte) und Philippe Müller (FDP).
Gemeinsames Ticket
SP und Grüne werden für die Regierungsratswahlen wie bisher mit einem gemeinsamen Ticket antreten, das voraussichtlich vier Personen umfassen wird. Sicher darauf stehen wird der Name der Bisherigen Evi Allemann.
Als zweite SP-Kandidatur wird ein Oberaargauer SP-Mann aufs Ticket kommen, entweder Adrian Wüthrich (Gemeindepräsident von Huttwil und Ex-Nationalrat) oder Reto Müller (Gemeindepräsident von Langenthal). Bei der SP ist die Frist für Bewerbungen abgelaufen, weitere Kandidat*innen hatten sich nicht für die Nachfolge von Christoph Ammann gemeldet, sagt die kantonale Präsidentin Manuela Kocher auf Anfrage der «Hauptstadt». Ende Juni wird die SP-Parteileitung ausmarchen, wer von den beiden es aufs Ticket schafft.
Ebenso klar ist, dass das linke Lager versuchen wird, den Jura-Sitz anzugreifen. Chancen, ihn zu erobern, hat es aber nur, falls Pierre Alain Schnegg nicht mehr antritt. «Wir wollen die Mehrheit im Kanton Bern zurückgewinnen. Es ist eine Chance und eine Herausforderung», sagt Brigitte Hilty Haller, kantonale Co-Präsidentin bei den Grünen. Bestimmt wird die definitive Kandidatur für den Jura-Sitz am Parteitag der beiden Parteien am 27. August. Aufs Ticket möchten Alt-Grossrat Hervé Gullotti (SP) aus Tramelan und Grünen-Co-Kantonalpräsident Cyprien Louis aus La Neuveville.
Die bekannteste Grüne
Und damit zurück zu Aline Trede und den Grünen. Denn der vierte Name auf dem rot-grünen Ticket wird aus dem grünen Lager kommen. Von den bestätigten grünen Kandidat*innen ist Trede klar die bekannteste. Und, wie Esther Meier, Co-Präsidentin des Grünen Bündnisses Bern, an der Medienkonferenz unterstrich: «Aline Trede erreichte ein ausgezeichnetes Resultat bei den letzten Wahlen, auch beim Panaschieren. Sie kann über Parteigrenzen hinaus mobilisieren.»
Das wird bei den Wahlen wichtig werden. Noch betonen die Linken, dass sie eine Regierungsmehrheit, also vier Sitze, anstreben. Auch möglich ist aber, dass sie sogar darum kämpfen müssen, ihre drei Sitze zu behalten. Dann nämlich, wenn Pierre Alain Schnegg noch einmal antritt und die SVP zwei Kandidaten – voraussichtlich Daniel Bichsel (Gemeindepräsident von Zollikofen) und Raphael Lanz (Stadtpräsident von Thun) – aufstellt. Diese Angriffsstrategie, die SVP-Exponenten schon im März lancierten, findet laut SVP-Politikern, die nicht namentlich genannt werden wollen, in der Partei immer mehr Anhänger*innen.
Das bürgerliche Ticket würde dann fünf Personen umfassen: Neben den drei SVPlern auch die Bisherigen Astrid Bärtschi (Mitte) und Philippe Müller (FDP).
Bei SP und Grünen gibt man sich angesichts dieser Ausgangslage cool. «Wir halten an unserer Strategie fest und bleiben bei vier Kandidaturen», sagt SP-Kantonalpräsidentin Manuela Kocher. Und die Grünen Co-Präsidentin Hilty Haller meint: «Wir warten nicht darauf, dass die SVP sagt, was sie schlussendlich macht.»
Und doch gibt die Grüne zu bedenken: «Es ist wesentlich, welche Kandidierenden wir bringen.» Da zähle neben der Bekanntheit auch das Netzwerk und die Überzeugungskraft. Ende Juni wird der Parteivorstand der Grünen seine Empfehlung zuhanden der Mitgliederversammlung am 27. August abgeben. Es ist offen, ob es ein Einer-Ticket sein wird oder mehrere Namen portiert werden.