Hinter der Brücke spannt der Himmel sich auf. Er ist schwarz und undurchdringbar wie der Fluss. Die Bewegungen des Flusses sind die eines Tieres, weil kein Licht sich an ihm bricht. 

Am Ufer ist es so still, dass ich höre, in welche Richtungen der Wind die Luft verschiebt.

Ich wiederhole die Wege entlang dem Fluss, um den Zufall zu ertragen. Während ich einen Fuss vor den anderen setze, durchkreuzen mich zwei Zeilen von einem Gedicht: Mein unbehaustes Gehen // trage ich zu Tale*.

Der Fluss bewegt sich ohne Unterlass. Er trägt Massen von Wasser an mir vorbei. Ich ordne meine Schritte unter, weil er keine Rücksicht auf mich nimmt.

Am Morgen funkelt das über der Wasseroberfläche verteilte Sonnenlicht wie am Abend zuvor die Sterne, die den Himmel punktierten. Das Sonnenlicht legt sich auf die Gräser am Ufer, die sich biegen unter seinem Gewicht.

Den Bäumen fällt die Farbe aus den Blättern. Sie beugen sich über den Fluss, verändern die Farbe seines Gesichts. Es dreht sich mir entgegen, oszillierend zwischen blau und gelb.

Ich steige ins kalte Wasser. Der Fluss zieht mich vom Kopf in die Beine der Schwerkraft entlang. Für einen Moment ist mein Körper Teil der Landschaft, wird kalt und einfach wie der Fluss.

Ich folge den überraschenden Weisen, in denen das Licht der Sonne sich in den Bäumen am Ufer verfängt. Als meine Augen auf die hellen Linien treffen, mit denen es die Wasseroberfläche zeichnet, zerspringt etwas in meinem Herz. 

Die Rufe der Krähen klingen wie Frieden. Unter der Wasseroberfläche liegen die Blätter ausgestreckt und braun. Der Sinn öffnet und schliesst sich wie er will.

*Ronya Othmann, «die Verbrechen»