Burgerbuch – Hauptstadt-Brief #241

Dienstag, 7. November 2023 – die Themen: Burgergemeinde; Hauptsachen-Talk; Ladenöffnungszeiten; Demos; Sport-Auszeichnungen; Theater; Vögel.

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(Bild: Marc Brunner, Buro Destruct)

Was denkst du, wie viele Berner Politiker*innen gleichzeitig Mitglied der Burgergemeinde sind? Und welchen Parteien sie angehören?

Wir haben das für dich ausgezählt. Das ist möglich, weil praktisch alle Burger*innen in einem fast tausendseitigen Werk alphabetisch nach Familie verzeichnet sind. Das «Burgerbuch» wird etwa alle fünf Jahre neu gedruckt und kann im Buchhandel gekauft werden. Es kostet um die 90 Franken. Die letzte Auflage stammt aus dem Jahr 2020. 

Laut unseren Auszählungen sind 15 von insgesamt 279 gewählten Berner Politiker*innen auf nationaler, kantonaler und städtischer Ebene auch Burger*innen. Das entspricht einem Anteil von 5 Prozent – und ist eigentlich gar nicht so viel. Denn die Burger*innen, die selber in der Stadt Bern leben und wahlberechtigt sind, machen über den Daumen gepeilt etwa 6 Prozent der Einwohner*innen aus.

Auffällig dabei: Entgegen der landläufigen Vorstellung sind die meisten burgerlichen Politiker*innen nicht bürgerlich, sondern links-grün. Insbesondere die SP ist bei den Burger*innen sehr gut vertreten.

Vielleicht darum wird die Burgergemeinde selbst in der rot-grün dominierten Stadt Bern von der Politik gar nicht so oft in Frage gestellt. Der letzte, der das gemacht hat, ist SP-Stadtrat Halua Pinto de Magalhães. Sein kritischer Vorstoss zur Burgergemeinde wird voraussichtlich am 16. November im Stadtrat debattiert.

Heute Abend gibt es aber schon einen kleinen Showdown: In unserer Talkreihe «Hauptsachen» sitzt Pinto mit Burgergemeindepräsident Bruno Wild auf dem Podium (19.30 Uhr, Kleine Bühne Progr). 

Es ist für dich die Gelegenheit, der Burgergemeinde auf den Zahn zu fühlen und Fragen zu stellen. Denn die «Hauptstadt» will mehr bieten als nützliche Artikel und Einordnungen. Wir möchten in einer zunehmend virtuellen Welt auch persönliche Begegnungen fördern, Debatten ermöglichen und weiterbringen. Wir möchten mit dir ins Gespräch kommen und erfahren, was dich bewegt. Es wäre schön, wenn du heute Abend dabei wärst.

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Abendstimmung unter der Kirchenfeldbrücke. (Bild: Jan Müller)

Und das ist heute auch noch wichtig:

  • Detailhandel: Ab Dezember sind die Läden in der Berner Innenstadt am Samstagabend probehalber eine Stunde länger offen. Wer fast zuletzt davon erfuhr, sind die Angestellten selber. So haben die Mitarbeiter*innen von Coop Ryfflihof in den Medien über die neuen Öffnungszeiten gelesen. Erst am nächsten Tag wurden sie von der Leitung über die für sie einschneidende Änderung informiert. Coop stellt sich auf den Standpunkt, auch erst «sehr kurzfristig» davon erfahren zu haben. Dabei haben Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände schon seit März über die neuen Öffnungszeiten debattiert, wie meine Kollegin Lea Sidler schreibt.
  • Sport-Auszeichnungen: Hürdensprinterin Ditaji Kambundji ist «Berner Sportlerin des Jahres», nachdem sie am Wochenende bereits als Schweizer Leichtathletin des Jahres ausgezeichnet worden ist. In der Kategorie der Männer siegte der Orientierungsläufer Matthias Kyburz. Zudem ehrte der Regierungsrat an den «Sports Awards Kanton Bern» in Langnau die Ruderin Aurelia-Maxima Janzen und den Skifahrer Livio Hiltbrand als Nachwuchstalente des Jahres.  
  • Palästina-Demo: Tausende Menschen aus der ganzen Schweiz haben am Samstag auf dem Bundesplatz in Bern ihre Solidarität mit den Palästinenser*innen bekundet. Die wohl grösste Kundgebung der letzten Wochen zum Nahostkonflikt war von der Stadt bewilligt worden. Die Organisator*innen sprachen am Abend von rund 10'000 Teilnehmer*innen. Auch wenn die Redner*innen betonten, sie bedauerten Gewalt und Opfer an der Zivilbevölkerung auf allen Seiten, hörte man den umstrittenen Slogan «from the river to the sea, Palestine will be free» oft. Der Slogan wird von Israelis als antisemitisch bezeichnet, da er Israel das Existenzrecht abspreche. Die Stimmung an der Kundgebung war laut und teilweise aufgeheizt, aber laut der Nachrichtenagentur Keystone-sda nicht gewalttätig.  
  • Kolonialismus: Kultur kann auch politisch etwas bewirken. Das zeigt die Geschichte des Musiktheaters «The Ghosts are Returning». Es beschäftigt sich mit dem Diebstahl eines Schweizer Arztes, der 1952 sieben Skelette der Mbuti aus der kongolesischen Provinz Haut-Uele mitnahm und sie der Universität Genf für Forschungszwecke zur Verfügung stellte. Ein Kollektiv von Künstler*innen aus dem Kongo, der Schweiz und Deutschland hat sich dieser Thematik aus ritueller Sicht angenähert und mittlerweile erwirkt, dass die Uni Genf sich offen gegenüber der Rückführung der Skelette zeigt. Die weiteren Prozesse sind in Abklärung. Das engagierte und für mehrere Preise nominierte Stück wird diesen Donnerstag und Freitag (je 20 Uhr) im Schlachthaus Theater Bern gezeigt.

PS: Vögel stehen heute in der Münstergass-Buchhandlung (19.30 Uhr, Reservation erforderlich) im Mittelpunkt. Dort findet ein Gespräch zwischen Romanautorin Stefanie Christ («Krähengesang») und Ornithologe Manuel Schweizer («Vögel beobachten in der Schweiz») statt. Es geht um Raben, die oft etwas verschmähten Vögel. Sogar ein Vogelpräparat ist bei der Lesung mit dabei.

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