«Ein Kleid sollte man mindestens 50 Mal tragen»

Die beiden Bernerinnen Susanne Pfeffer und Nicole Verbeek betreiben zusammen ein Modelabel. Und finden, als Reaktion auf die Massenproduktion sei ein lokales Label sinnvoll.

Pfeffer/Verbeek
hauptstadt.be
© Danielle Liniger
Susanne Pfeffer (links) und Nicole Verbeek schauen Prints an, die sie auf Stoffe drucken wollen. (Bild: Danielle Liniger)

Vor gemeinsamen Terminen müssen sich Susanne Pfeffer und Nicole Verbeek bezüglich Kleidung nicht absprechen. Zu unterschiedlich sind ihre Vorlieben. Verbeek trägt eigentlich immer Kleider, Pfeffer mag lieber Hosen. Heute ist es bei Verbeek ein schwarzes Blusenkleid, bei Pfeffer sind es schlichte schwarze Jeans und eine Bluse mit rosa Emoji-Print. Natürlich alles aus der eigenen Kollektion. Beide sagen, sie hätten seit Ewigkeiten keine anderen Kleider mehr gekauft. Seit fünf Jahren betreiben die beiden Bernerinnen zusammen das Label Pfeffer/Verbeek.

An diesem windigen Morgen haben sich Verbeek und Pfeffer unter den Berner Lauben getroffen, um zusammen Prints anzuschauen, die sie auf Stoffe drucken wollen. Es braucht dafür Tageslicht. Die Prints sind schwarz und blau gemustert, gleichen fast ein bisschen einem Rorschachtest. Sie sind schon für die übernächste Kollektion im Frühling 2026 gedacht.

Dabei ist gerade erst ihre aktuelle Kollektion herausgekommen. Es sind nur eine Handvoll neue Stücke. Ein Blusenkleid, eine Strickjacke, eine Bluse, eine Hose, ein Jupe. Alle gibt es in verschiedenen Farbkombinationen und Stoffen. Dieses Wochenende werden sie am Berner Mode-Anlass Laufmeter präsentiert.

Schau des Schweizer Modedesigns

Am 2. und 3. Mai findet im Kornhausforum der Laufmeter-Mode-Salon statt. An diesem jährlichen Anlass dreht sich alles um Modedesign. 26 Schweizer Labels nehmen teil, darunter auch Pfeffer/Verbeek. Es gibt Modeschauen und einen Verkauf. Das Anliegen von Laufmeter ist darüber hinaus: Man soll Kleidung länger tragen, und sie regional und fair produziert kaufen. Für Interessierte gibt es bei Laufmeter auch ein Verzeichnis der Schweizer Modelabels.

Obwohl es das Label seit fünf Jahren gibt, ist es eine aufregende Zeit für Pfeffer und Verbeek. Es ist ihre erste Kollektion seit anderthalb Jahren. Denn Susanne Pfeffer ist im Herbst 2023 ein drittes Mal Mutter geworden, die Designerinnen liessen zwei Saisons aus. Die Emotionen, Freuden und Unsicherheiten der letzten zwei Jahre – privat und weltpolitisch – sind nun in die aktuelle Kollektion eingeflossen: «Es sind bewegende Zeiten, die stilisierten Emojis auf den Kleiderprints sollen das zeigen», sagt die 41-jährige Pfeffer. Die Fashiondesignerin arbeitet normalerweise 60 Prozent für das Label. Verbeek etwas weniger, denn die Textil- und Bekleidungstechnikerin hat noch eine Anstellung aus Ausbildnerin im Nähwerk Thun.

Kleiner Markt

In Bern ein Modelabel zu betreiben, ist kein Selbstläufer. Es heisst, in einem sehr kleinen Markt aktiv zu sein. Mit all den Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt. Da Pfeffer/Verbeek schon zuvor Mode in Bern gemacht haben, sind sie in der Szene relativ bekannt. Sie teilen sich den Markt mit einer Handvoll anderer lokalen Labels. Ihnen gemein ist, dass sie Nischenprodukte sind und zum Luxussegment gezählt werden. Nicht, weil es sichtbar luxuriöse Kleider sind, sondern schlicht, weil es keine Massenproduktion ist.

Wenn hochwertige Materialen innerhalb von Europa verarbeitet werden, kosten Hosen schnell über 200 Franken. Die Kleider von Pfeffer/Verbeek werden in Österreich genäht. Ihr Preis liegt zwischen 365 und 545 Franken. Nur so können sich die Designerinnen überhaupt einen Stundenlohn auszahlen.

Pfeffer/Verbeek
hauptstadt.be
© Danielle Liniger
Für die aktuelle Kollektion haben die beiden Designerinnen mit stilisierten Emojis gearbeitet. (Bild: Danielle Liniger)

Es gibt eine Nachfrage nach solchen Kleidern. Meist von informierten Frauen mittleren Alters, die bewusst konsumieren. So haben sich Pfeffer/Verbeek eine Stammkundschaft aufgebaut, zu der auch einige Politikerinnen gehören. Melanie Mettler (GLP-Gemeinderätin), Kathrin Bertschy (GLP-Nationalrätin) oder Flavia Wasserfallen (SP-Ständerätin) zeigen sich regelmässig in Kleidern von Pfeffer/Verbeek. Auf ein Modelabel der Politikerinnen möchten Pfeffer und Verbeek allerdings nicht reduziert werden. «Wir designen für alle, die gerne lokale und nachhaltige Mode tragen», sagt Susanne Pfeffer.

Erhältlich sind die Kleider in verschiedenen Läden in Bern und anderen Schweizer Städten. Die beiden Unternehmerinnen betreiben zwar einen Online-Shop, aber kein eigenes Lokal. Das haben sie sehr bewusst an andere ausgelagert. Aufgrund der beschränkten Kapazitäten setzen sie lieber auf zweitägige Pop-ups bei Erscheinen der Kollektion und auf eine Art Abo-Programm. Es umfasst Stammkundinnen, die einen jährlichen Fixbetrag von 450 Franken zahlen. Sie dürfen dafür schon früher Kleider bestellen und können für ihr Abo-Geld bei Pfeffer/Verbeek einkaufen. Das macht die Einnahmen des Unternehmens etwas planbarer und minimiert das finanzielle Risiko.

Probetragen

«Man könnte denken, ein Kleiderlabel zu betreiben, hat etwas Oberflächliches», sagt Susanne Pfeffer. Aber in Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit und als Reaktion auf die Massenproduktion sei ein lokales Kleiderlabel sinnvoll. «Man kann damit auch sensibilisieren.» Sie findet, ein Kleid müsse man mindestens 50 Mal tragen, «oder eigentlich lieber 300 Mal». Mit anderen Worten: «Weniger oft Kleider kaufen, dafür mehr ausgeben dafür.»

Die Voraussetzung: «Unsere Kleider müssen wirklich, wirklich gut sitzen», sagt Nicole Verbeek. Ein einzelnes Kleidungsstück soll an viele verschiedene Körper passen. Kleine, grosse, dünne, üppige. «Darum tragen wir sie immer selber Probe», ergänzt die 40-Jährige. Da sei es praktisch, dass sie beide ganz unterschiedlich gebaut seien. Pfeffer eher schmal, sie selbst kurvenreicher. «Wir decken schon eine ziemlich breite Varietät ab.»

Es gehe um den Schnitt, aber auch ums Material. «Ich mag es gar nicht, wenn ich ein Kleidungsstück immer wieder tischele muss», sagt Verbeek. Gehe es nach ihr, solle man Kleider waschen, aufhängen und anziehen können. Kein Glätten, keine komplizierte Pflege.

«Und wenn etwas gut sitzt, gibt einem das auch richtig viel Selbstvertrauen», sagt Verbeek. Das sei eine ihrer Hauptmotivationen gewesen, Designerin zu werden. «Ich fühlte mich so lange nicht wohl in Kleidern. Deshalb will ich Mode machen, an der man nicht herumzupfen muss, die einfach passt.»

Im nahe gelegenen Designladen Toku befindet sich ein Kleiderdepot von Pfeffer/Verbeek. Die beiden holen eine Bluse mit blauem Seidenprint hervor. «Eigentlich dachte ich zuerst, warum haben wir uns für diese Farbe entschieden?», erzählt Susanne Pfeffer, «und jetzt überlege ich mir sogar, sie zu tragen». Nicole Verbeek lacht. «Wir sind uns nicht immer einig, aber in den grossen Linien eben schon.»

tracking pixel

Das könnte dich auch interessieren