Gaumenfreude – Hauptstadt-Brief #475
Donnerstag, 12. Juni 2025 – die Themen: Gastro-Crowdfunding; Containerstandplätze; Kandidatenkarussell; Abendmahl; Gemälderückgabe; Egelsee; Nashornkäfer und Aaretemperatur.
Vielleicht geht es dir wie mir: Es fällt mir schwer, in der Berner Gastro-Szene den Überblick zu behalten. Kaum habe ich ein Restaurant oder eine Beiz für mich entdeckt, sind sie gefühlt von der nächsten hippen Alternative abgelöst worden – oder haben für immer geschlossen. Vielleicht gehe ich einfach zu selten in unserer Stadt essen, weil ich Vater eines Kleinkinds bin. Mir würde es gut tun, in Sachen Kulinarik ein wenig an die Hand genommen zu werden. Genau dies ermöglicht der neue Gastro-Brief der Hauptstadt, in dem die renommierte Kulinarik-Journalistin Claudia Salzmann zweimal monatlich über neue Beizen und kulinarische Trends in Bern schreibt. Vorausgesetzt, wir können eine Anschubfinanzierung von 15’000 Franken sicherstellen. Dafür brauchen wir deine Unterstützung. Hier kannst du einen Beitrag zum Crowdfunding leisten, das wir in dieser Woche gestartet haben. Schon ab fünf Franken bist du dabei und erhältst künftig den Newsletter. Um die Wartezeit darauf zu verkürzen, hat Claudia Salzmann bereits einen Appetizer vorbereitet: Für den Berner Schoggiglacen-Test hat sie zehn Eisdielen besucht. Damit trifft sie bei mir voll ins Schwarze – endlich kann ich mitreden. Zusammen mit meinem Sohn habe ich einen ähnlichen Test – über mehrere Sommer erstreckt – ebenfalls durchgeführt. Es zeigt sich, dass wir nicht ganz so akribisch gearbeitet haben wie Salzmann. Das Schoggisorbet der preisgekrönten Chocolatiers von Casa Nobile ist uns doch glatt durch die Lappen gegangen. Aber der Sommer ist ja noch lang, um das nachzuholen.
Und jetzt noch zu anderen Themen des Tages:
- Entsorgung: Die Stadt Bern hat erstmals öffentliche Containerstandplätze für die Kehrichtabfuhr erstellt. Im Mattenhofquartier stehen an drei Standorten seit wenigen Wochen 17 Container für Kehricht und Papier. Hauptgrund für die Erstellung der Containerplätze sei nicht die im Jahr 2021 vom Volk beschlossene Containerpflicht und das Farbsack-Trennsystem, schreibt mein Kollege Joël Widmer. Sondern, dass die Stadt neue vollelektrische Kehrichtlastwagen beschafft hat. Die Stadtberner Container-Saga ist damit um ein weiteres Kapitel reicher.
- Kantonale Wahlen: Aline Trede will für die Grünen in den Berner Regierungsrat. Drei andere Parteikolleg*innen haben ebenfalls ihren Hut in den Ring geworfen. Doch die Stadtbernerin gilt als prominenteste Kandidatin und hat insgesamt zehn Jahre Erfahrung als Nationalrätin. Die Wahlen für den Regierungsrat finden am 29. März 2026, also in über neun Monaten statt. Weil mindestens drei von sieben Sitzen neu besetzt werden müssen, ist die Ausmarchung offener als bei früheren Wahlen, schreibt meine Kollegin Marina Bolzli. Sie hat ausserdem aufbereitet, welche Namen ansonsten noch auf dem gemeinsamen Ticket von Grünen und SP stehen werden.
- Neue Kolumne: Pfarrer Tobias Rentsch setzt sich in der Markuskirche in Bern an den Abendmahltisch. Diesen zeigt er uns als Ort, an dem die Vision einer gerechten Welt gefeiert wird. Denn am Abendmahltisch seien alle eingeladen – es gebe keine Ausgrenzung und keine VIPs, schreibt Rentsch. Der Pfarrer verknüpft in seiner neuen Kolumne für die Hauptstadt künftig einmal im Monat Alltagsbetrachtungen mit seinem theologischen Background.
- Gemälde-Rückgabe: Das Kunstmuseum Bern gibt das Eigentum an einem Bild des englischen Malers Alfred Sisley auf. Das gab das Museum am Mittwoch bekannt. Nachforschungen hätten ergeben, dass der jüdische Unternehmer und Kunstsammler Carl Sachs das Werk «Le Chemin des Bois à Ville-d’Avray» 1940 unter dem Druck nationalsozialistischer Verfolgung verkauft habe. Mitglieder der Familie wurden in Auschwitz ermordet. Gemeinsam mit den Erben wolle das Museum nun eine einvernehmliche Lösung für die Übergabe ausarbeiten.
- Egelsee: Ostberner*innen werden sich die Frage vermutlich schon einmal gestellt haben: Warum badet eigentlich niemand im Egelsee? Wer sollte diese Frage besser beantworten können als eine Quartierzeitschrift, die eben diesen Namen trägt: «Egelsee». Die Redaktion hat bei der Leiterin Fachstelle Natur und Ökologie von Stadtgrün Bern nachgefragt. Die Schlammschicht sei in dem Gewässer teilweise recht mächtig und auch die Wasserqualität entspreche nicht einem Badegewässer, schreibt sie. Ausserdem könnten im See, der eigentlich mehr ein Teich sei, viele Teichlebewesen gestört werden: Zum Beispiel Libellen, Wasserkäfer und -schnecken, die vom strukturreichen Unterwasserlebensraum profitieren.
- Wiederansiedlung: Ob sich auch der Nashornkäfer am Egelsee wohlfühlen würde? Fest steht, dass Stadtgrün Bern, der Tierpark Bern und das Naturhistorische Museum Bern erstmals erfolgreich gezüchtete Nashornkäfer ausgewildert haben. Ziel sei es, im Aareraum neue Lebensräume für die seltenen holzbewohnenden Käferarten zu schaffen, schreiben die Einrichtungen in einer Mitteillung. Konkret werden die Larven der ersten Zuchtgeneration ausgewildert. Sie haben ihren dreijährigen Entwicklungszyklus abgeschlossen und stehen kurz vor der Verpuppung. Ausgewachsene Nashornkäfer leben nur wenige Tage bis Wochen und können an warmen Sommerabenden und -nächten bei ihren Flügen beobachtet werden.
PS: Der Egelsee eignet sich nicht zum Schwimmen, also muss wieder die Aare herhalten. In diesen Tagen dürften sich wohl wieder einige Berner*innen den Badespass gönnen. Heute Morgen kommentiert der Aare Guru die aktuelle Wassertemperatur allerdings noch mit «Uschaflig chaut».