Grabesruhe – «Hauptstadt»-Brief #102

Donnerstag, 24. November – die Themen: Budget, Bäume, Cinedom, Bier.

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(Bild: Marc Brunner, Buro Destruct)

Während den Vorbereitungen auf die Muri-Woche der «Hauptstadt» bin ich auf Waldemar Pabst gestossen. Pabst, geboren 1880 in Berlin, veranlasste 1919 die Ermordung der Kommunistenführer*innen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Und als Wehrwirtschaftsführer und späterer Leiter der Waffenfabrik Solothurn war er eine wichtige Scharnierfigur zwischen der deutschen und schweizerischen Kriegswirtschaft im Zweiten Weltkrieg. Nach seinem Tod 1970 wurde Waldemar Pabst auf dem Friedhof in Muri beigesetzt.

Ein Besuch seines Grabes drängte sich auf. Im Gepäck die Frage, wie unbehelligt ein Nationalsozialist auf einem Friedhof liegen darf. Doch das Grab existiert nicht mehr. Wann genau es aufgehoben worden ist, können die beiden Friedhofsgärtner, die ich bei meinem Besuch antreffe, nicht rekonstruieren. Auf jeden Fall vor 2014, wie ein Blick auf einen alten Plan verrät.

Mit seiner nationalsozialistischen Vergangenheit habe die Aufhebung aber nichts zu tun gehabt, erklären die Gärtner. Entscheidend sei die 50-jährige Grabesruhe. Die Frist beginnt bei der Erstbestattung zu laufen. Im Fall von Pabst war das die Bestattung seiner Ehefrau, die vor ihm verstorben war und in deren Grab auch er später gelegt wurde.

Ein Gärtner erinnert sich jedoch noch heute an die Aufmachung des Grabes. Unübersehbar sei es gewesen, ein riesiger Stein aus weissem Marmor, mindestens zwei grosse Schritte breit und etwa zwei Meter hoch, in der Mitte eine Engelsskulptur. Heute zeugt vom einstigen Grab einzig eine Delle im Rasen.

Soweit sich der Gärtner erinnert, hat niemand den wuchtigen Grabstein abgeholt nach der Grabesauflösung. So erging es dem Stein wie allen anderen zurückgelassenen Grabmälern: Er wurde nach Rubigen transportiert, zerhäckselt – und zu Strassenbelag verarbeitet.

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(Bild: Stephen Nthusi)
  • Budget Stadt Bern: Am kommenden Sonntag entscheiden die Stadtberner Stimmberechtigten über das Budget für das Jahr 2023. Darin veranschlagt ist ein Defizit von 35 Millionen Franken. Entsprechend vehement kämpfen die Gegner*innen für eine Ablehnung. Den Stimmbürger*innen stellt sich die Frage: Handelt es sich um ein katastrophales «Schuldenbudget», wie die bürgerlichen Gegner*innen sagen, oder um «verantwortungsvolle Finanzpolitik», wie Rot-Grün behauptet? In diesem Text ordnet «Hauptstadt»-Journalist Jürg Steiner die Argumente der beiden Lager ein.
  • Kastanienbaum-Saga: Um die Neugestaltung des Hirschengrabens mit neuem, unterirdischem Zugang zum Bahnhof gab es im Frühjahr 2021 einen schrillen Abstimmungskampf. Einer der Konfliktpunkte: Die Stadtregierung wollte die 25 alten Kastanienbäume durch klimaresistente, junge Linden ersetzen. Die Gegner*innen befürchteten ein ökologisches Desaster, weil die Kastanienbäume Nischen für Kleintiere seien. Das Argument verfing nicht. 58 Prozent der Stimmberechtigten votierten für den Umbau des Hirschengrabens und damit für das Fällen der Kastanien. Trotzdem wird der Volksbeschluss jetzt revidiert, wie der Gemeinderat am Dienstag bekannt gegeben hat. Die Regierung beruft sich auf ein gartendenkmalpflegerisches Gutachten, das nachträglich in Auftrag gegeben worden ist und zum Schluss kommt, dass «Substanz und Position der Bäume zum schützenswerten Kern des Gartendenkmals» zählen. Konsequenz: Die Kastanien bleiben auch nach dem 2025 beginnenden Umbau des Hirschengrabens stehen, so lange ihr Gesundheitszustand das zulässt.
  • Berner Gefängnis: Eugen Marty heisst der neue Leiter des Regionalgefängnisses Bern. Anfang 2023 wird er das Amt antreten. Marty war über 30 Jahre lang im Polizeidienst der Innerschweiz tätig. Zuletzt arbeitete er als Senior Consultant und Geschäftsleitungsmitglied bei «GU Sicherheit & Partner», einem auf Sicherheit und Krisenmanagement spezialisierten Unternehmen in der Ostschweiz. Das Regionalgefängnis Bern ist eines von fünf Regionalgefängnissen des Kantons Bern. Mit rund 60 Mitarbeitenden und 123 Plätzen verzeichnet es jährlich über 10'000 Ein- und Austritte.
  • Cinedome Muri: Wer einen Kinobesuch plant, dürfte sich in den meisten Fällen für jenen Saal entscheiden, in dem der gewünschte Film läuft. Für Besucher*innen des Cinedome in Muri dürfte noch ein anderes Kriterium von Gewicht sein: das Auto. Denn der Cinedome ist nicht auf ÖV-Benutzer*innen ausgerichtet, wie meine Kollegin Andrea von Däniken im Rahmen ihrer Recherche im 10-Saal-Komplex am eigenen Leib erfahren hat. Sie hat sich im Gebäude umgesehen, das viel mehr beherbergt als ein Kino, und mit den Menschen vor Ort gesprochen. Hier geht’s zur Reportage.
  • «Hauptstadt»-Bier: Die «Hauptstadt»-Redaktion hat ihr Büro temporär nach Gümligen gezügelt und arbeitet diese Woche im Bärtschihus. Den heutigen Arbeitstag schliessen wir mit einem Feierabendbier ab, zu dem auch du herzlich eingeladen bist. Wir würden uns freuen, wenn du dazustossen würdest. Für Bier ist gesorgt, um 17.30 Uhr geht's los, bis zirka 19 Uhr sind wir dort. Bis später!

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