Veloverkehr – «Hauptstadt»-Brief #245

Donnerstag, 16. November 2023 – die Themen: Velorouten, Einburgerung, Zünfte, Notunterkünfte, Finanzausgleich in Köniz, Abstimmungen und eine neue Direktorin bei der Kunsthalle.

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(Bild: Marc Brunner, Buro Destruct)

Zugegeben, in den letzten Tagen ist es mir nicht leicht gefallen aufs Velo zu steigen, um zur Kita, zur Redaktion oder zum Märit zu fahren. Ein Hudelwetter war das.

Warum ich es trotzdem gemacht habe? Das Velo ist in Bern mit seinen kurzen Wegen einfach ein schnelles Verkehrsmittel. Tiefsee-Pfützen hin oder her.

Der Veloverkehr in der Stadt Bern hat in den letzten Jahren zugenommen. Das zeigt ein entsprechender Mobilitätsbericht grosser Deutschschweizer Städte. In Bern ist demnach der Velo-Anteil zwischen 2015 und 2021 von 15 auf 19 Prozent des Gesamtverkehrs gestiegen. Damit sich noch mehr Menschen auf das Velo setzen, bräuchte es in der selbst ernannten Velohauptstadt Bern in meinen Augen aber noch einige Verbesserungen. Während es in den Aussenquartieren teilweise gefährliche Engstellen mit den Autos und dem ÖV gibt, fehlt mir in der Innenstadt eine eindeutige Veloroutenführung.

Heute Nachmittag treffe ich Stephanie Stotz, Leiterin der Fachstelle Fuss- und Veloverkehr der Stadt Bern, um einige Engstellen und Nadelöhre bei einer Velotour im Innenstadt-Korridor unter die Lupe zu nehmen.

Hast du Anregungen oder Fragen zur Verkehrsführung, die dich schon lange umtreiben? Dann kannst du mir eine Nachricht schreiben – ich versuche diese Punkte in meinem Artikel zu berücksichtigen, der bald erscheinen wird.

Bis dahin eine gute Fahrt.

Nicolai

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Wer reinigt unsere Stadt im Morgengrauen? (Bild: Tamara Reichle)

Und jetzt noch zu anderen Themen des Tages:

  • Einburgern: Eine der wichtigsten Fragen blieb beim aktuellen Burger-Schwerpunkt der «Hauptstadt» noch ungeklärt: Wie wird man eigentlich Burger*in? Und was kostet es? Meine Kollegin Andrea von Däniken ist der Frage nachgegangen. Sie hat mit einem Paar gesprochen, das sich jüngst einburgern liess, und beleuchtet die Einburgerungs-Prozedur mitsamt ihrer Geschichte.  
  • Burger-Netzwerk: Ober-Gerwern, Mittellöwen, Pfistern – du verstehst nur Bahnhof? Es sind allesamt Namen von Zünften, die in Bern seit Jahrhunderten aktiv sind. Die Zünfte sind die direkteste noch existierende Verbindung der Bernburger*innen zum mächtigen, aristokratischen Alten Bern, analysiert mein Kollege Jürg Steiner. Sie sind zwar eigenständig, prägen aber bis heute das bernburgerliche Selbstverständnis.  
  • Asylwesen: In den letzten zwei Monaten hat der Kanton Bern mehrere unterirdische Notunterkünfte für Asylsuchende eröffnet. Eine davon, die Unterkunft in Niederscherli, geht morgen Freitag nach wenigen Wochen schon wieder zu. Es ist ausgerechnet jene, in welcher der SVP-Regierungsrat Pierre Alain Schnegg im September – mitten im nationalen Wahlkampf – eine Pressekonferenz zu den steigenden Asylzahlen veranstaltete. Der Kanton will die Schliessung auf Anfrage nicht bestätigen, sie wurde aber laut mehreren Quellen verwaltungsintern kommuniziert. Schimmel in Teilen der Unterkunft soll gemäss der Quellen die Schliessung bewirkt haben. Ausserdem seien derzeit genug Plätze in anderen Unterkünften vorhanden. Die 15 Bewohner werden in bestehende Unterkünfte verlegt und den Mitarbeitenden der Unterkunft wurde offenbar gekündigt. Die Notunterkunft war ausgelegt für 100 Bewohner*innen.
  • Finanzausgleich: Die Agglo-Gemeinde Köniz möchte wie eine Stadt behandelt werden, wenn es um den Finanz- und Lastenausgleich (FILAG) geht. Die Gemeinde liege mit ihren 44'000 Einwohner*innen gleichauf mit Thun, doch ihr würden keine sogenannten Zentrumslasten anerkannt, schreibt ihre Gemeindepräsidentin Tanja Bauer in einer Mitteilung. Diese sind unter anderem relevant dafür, wie viel eine Gemeinde bezahlen muss oder zurückerhält. Derzeit zahlt Köniz jährlich fünf Millionen Franken in den Topf. Köniz ist seit Jahren finanziell unter Druck – 2022 drohte gar eine Zwangsverwaltung durch den Kanton, die nur durch eine Steuererhöhung abgewendet werden konnte. 
  • Vertrauensfrage: Erinnerst du dich noch an die Panne beim Bundesamt für Statistik, die zur Kommunikation falscher Wahlergebnisse führte? Ein bisschen mehr als zwei Wochen ist das her. Unser Philosophie-Kolumnist Christian Budnik erklärt, warum ein solcher Fehler nicht gleich in einen Vertrauensverlust münden sollte. Unsere Demokratie sei viel zu stark, um von einer Datenpanne ins Wanken gebracht zu werden, argumentiert Budnik.
  • Du bist gefragt: Was macht die «Hauptstadt» gut? Was könnte sie besser machen? Und welche Themenbereiche interessieren dich besonders? Um solchen Fragen auf den Grund zu gehen, haben wir in Zusammenarbeit mit Studierenden des Studiengangs «Multimedia Production» der Berner Fachhochschule und der Fachhochschule Graubünden eine Umfrage realisiert. Wenn du mithelfen möchtest, die Hauptstadt zu verbessern, kannst du hier teilnehmen.
  • Abstimmungen: Am Sonntag entscheidet das Stimmvolk der Stadt Bern über das Budget 2024, den Kauf eines Grundstücks am Untermattweg für einen Spielplatz, und über einen Kredit für den Hochwasserschutz – mein Kollege Jürg Steiner und ich haben dazu eine kurze Abstimmungshilfegeschrieben. Bis heute kannst du in der Stadt Bern noch per A-Post abstimmen. Anschliessend bleibt nur der Gang an die Urne übrig. Kantonale und eidgenössische Vorlagen gibt es übrigens nicht. Vielleicht auch deshalb liegt die briefliche Stimmbeteiligung bei tiefen 11,1 Prozent. Das zeigte eine Grafik, die die Stadt Bern am Dienstag auf X (vormals Twitter) teilte.
  • Abstimmungen II: In Köniz ist das Stimmvolk am Sonntag dazu aufgerufen, über die Zukunft des Spez-Sek-Sonderfalls am Gymer Lerbermatt zu entscheiden. Es ist ein Thema, das die Nachbargemeinde Berns seit Jahren umtreibt. Die Spez-Sek-Saga ist seit Mittwoch um ein Kapitel reicher: Die Könizer Schulleiter*innen haben über die Kommunikationsplattform «Klapp» eine Abstimmungsempfehlung zur Spez-Sek-Initiative verschickt. Der Gemeinderat verurteile die «Zweckentfremdung» der App, wie er am Mittwoch mitteilte. Er empfiehlt der Schulkommission als Anstellungsbehörde dringend, allfällige Massnahmen und Sanktionen zu prüfen.
  • Neubesetzung: iLiana Fokianaki ist die neue Direktorin der Kunsthalle Bern. Sie folgt damit auf Kabelo Malatsie, die ihre Amtszeit im Februar 2024 abschliesst. Fokianaki habe sich als Gründerin und Leiterin des Kunstraums State of Concept in Athen einen Namen gemacht, schreibt die Kunsthalle in einer Mitteilung. Die Findungskommission sei beeindruckt gewesen von Fokianakis Vorschlag für ein mehrjähriges Programm, das sich an den ökologischen Ansatz der Permakultur anlehne. Fokianaki wird ihr Amt im April 2024 antreten.

PS: Geht (Fern)reisen überhaupt klimafreundlich? Oder ist das alles nur Greenwashing? Diese Fragen diskutiert meine Kollegin Marina Bolzli am Donnerstagabend ab 18 Uhr in der Heiliggeistkirche in Bern mit Expert*innen aus Politik, Wissenschaft und der Tourismusindustrie. Der Eintritt ist frei – es wird am Ende der Veranstaltung eine Kollekte geben.

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