Belästigung – «Hauptstadt»-Brief #164

Dienstag, 25. April 2023 – die Themen: Meldetool; Geranium; inklusiv gamen; Fussball; Fahrgäste; Mental Health.

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(Bild: Marc Brunner, Buro Destruct)

Bei sexistischen und queerfeindlichen Belästigungen gebe es leider einen Verdrängungsmechanismus. Das sagte Berns Stadtpräsident Alec von Graffenried gestern auf einer Pressekonferenz zu einem neuen städtischen Meldetool für Belästigungen. 

Er illustrierte den Mechanismus an einem Beispiel aus der Familie: Seine Tochter habe kürzlich eine Freundin von ausserhalb Berns zu Besuch gehabt. Im Bereich Schützenmatte habe diese konstatiert, dass heftig sei, was da abgehe. Da habe seine Tochter spontan geantwortet, das sei normal. «Aber es darf eben nicht normal sein, dass Menschen in Bern belästigt werden», sagte von Graffenried.

Da sexistische und queerfeindliche Belästigungen heute leider Alltag sind, lanciert die Stadt die Sensibilisierungskampagne «Bern schaut hin». Ein wichtiges Element ist dabei ein Online-Meldetool. Unter der Adresse bernschauthin.ch können Betroffene oder Beobachter*innen sicher und anonym eine Meldung zu Belästigungen abgeben. Die Informationen dienen laut der Stadt dazu, die Dunkelziffer an Belästigungserfahrungen auszuleuchten und liefern Hinweise für die Interventions- und Präventionsarbeit.

Das Meldetool entspreche einem Bedürfnis von Betroffenen, sagte Projektleiterin Mirjam Baumgartner an der Medienkonferenz. Es sei eine niederschwellige Möglichkeit, für Opfer und Beobachter*innen nach einem Vorfall, bei dem sie vielleicht direkt nicht reagiert haben, doch noch zu handeln.

All jenen, die auf die Idee kommen könnten, das Meldetool sei eher ein Denunzierungs-Tool, nahm von Graffenried an der Pressekonferenz präventiv den Wind aus den Segeln. «Bei Umweltdelikten oder Waffenhandel ist klar, dass man Beobachtungen staatlichen Stellen meldet.» Auch bei Belästigungen solle das künftig normal sein. Denn die Stadt wolle, dass sich in Bern alle Menschen frei und sicher bewegen können.

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Beim Bollwerk. (Bild: Maria Tkachuk)

Und jetzt noch zu anderen Themen des Tages:

  • Geranien und andere Balkonpflanzen: Am kommenden Donnerstag findet auf dem Bundesplatz der Graniummärit statt. Zu diesem Anlass liess sich Journalistin Kim Pittet für die «Hauptstadt» vom Geschäftsführer des Vereins Graniummärit erklären, mit welchen anderen Pflanzen die beliebte Blumenverzierung kombiniert werden könnte. Da Geranien fast keine Pollen tragen, bieten sie für Insekten wie Bienen oder Hummeln nämlich keine Nahrung. Gut, ist deshalb am Mittwoch gleich auch noch ​​Wildpflanzenmärit, der ebenfalls auf dem Bundesplatz stattfindet.
  • Barrierefrei spielen: Der Ostermundiger Peter Buri sitzt wegen einer progressiven Muskelerkrankung im Rollstuhl. Beim Verein «Play Bern» engagiert er sich für die Förderung der Spielkultur und die Zugänglichkeit des Videospielens. Mein Kollege Nicolai Morawitz hat den 34-jährigen Lokalpolitiker – Buri sitzt für die SP im Gemeindeparlament – besucht und liess sich erklären, wie Buri die handelsüblichen Gamepads umbaut, damit er in den Videogames mit Kontrahent*innen mithalten kann.
  • Meisterschaft: Heute Abend spielt der BSC Young Boys in Zürich gegen den Grasshopper Club. Mit einem Sieg können die Berner Fussballer die Meisterschaft vorzeitig gewinnen und den Titel zurück nach Bern holen. Für diesen Fall hat die Stadt Bern für die kommende Nacht eine Freinacht bewilligt.
  • Bernmobil: Auf ihren Bus- und Tramlinien transportierte Bernmobil letztes Jahr 87,4 Millionen Fahrgäste. Das sind rund 15 Prozent weniger als vor der Pandemie. Die meisten Fahrgäste waren auf der Buslinie 10 zwischen Köniz und Ostermundigen unterwegs (14,7 Millionen), wie Bernmobil gestern mitteilte. Es folgen die Tramlinien 9 (12,2 Millionen) und 8 (11,7 Millionen). Im Vergleich zum Jahr 2019 seien insbesondere in den Hauptverkehrszeiten am Morgen und am Abend weniger Leute mit dem öffentlichen Verkehr unterwegs gewesen. Trotz weniger Fahrgästen haben die städtischen Verkehrsbetriebe im Jahr 2022 einen Gewinn von 25,4 Millionen Franken geschrieben. Ein Grossteil des Gewinns ist auf einen Corona-Unterstützungsbeitrag von Bund und Kanton Bern, in der Höhe von 21,2 Millionen Franken, zurückzuführen. Diese Gelder sollen den Verlust der Jahresrechnung 2021 ausgleichen.
  • Mental Health: Jeder zweite Mensch in der Schweiz leidet im Laufe seines Lebens einmal an einer psychischen Krankheit. Gerade bei jungen Leuten ist die Zahl der Erkrankten in den letzten Jahren stark angestiegen. Wie können wir als Gesellschaft für eine bessere psychische Gesundheit sorgen? Wer bietet Unterstützung in der Stadt Bern? Diese Fragen diskutieren am Mittwochabend ab 19.30 Uhr am «Hauptsachen»-Talk im Progr Nora Ambord (Kursleiterin Recovery College Bern), Ricarda Eijer (Gründerin Irrsinnig Mental Health-Podcast) und Tobias Vögeli (GLP-Grossrat). Der Eintritt ist frei und Zuhörer*innen herzlich willkommen.

PS: Eine Motorsport-Tradition gibt es in Bern nicht. Es gab mal in den 50er-Jahren einen GP im Bremgartenwald und 2019 ein kurzes, unrühmliches Gastspiel der Formel E. Dennoch finden in Bern schon zum 36. Mal die Grossen Berner Renntage statt. Dabei wird auch auf vier Räder gefahren, doch ohne Motor. Kommendes Wochenende brettern Kinder und Jugendliche wieder auf ihren farbenfrohen und verzierten Seifenkisten den Klösterlistutz hinunter. Für das Rennen, das der Dachverband für offene Arbeit mit Kindern (DOK) organisiert, kann man sich noch bis diesen Donnerstag einschreiben. 

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