Bistro – Hauptstadt-Brief #450
Donnerstag, 10. April 2025 – die Themen: Orangerie; Rap; Balkone; Standortförderung; Uni-Mensa; Kundgebung; Nationalbank; Barrieren; Stalking; Schwarzenburg-Jubiläum.
Das Café Orangerie in der Elfenau – wie oft habe ich mich schon beim Gedanken ertappt: Verkauft sich dieser Ort nicht entschieden unter Wert? Mondäne Bauten, eine reizende Natur, noch dazu noch gut angeschlossen an den Rest der Stadt: In wahrscheinlich jeder anderen europäischen Hauptstadt wären das Zutaten für den ganz grossen Erfolg. In der Berner Elfenau schien das gastronomische Angebot jedoch bisher nicht mit den Möglichkeiten Schritt zu halten. Seit Anfang April soll sich daran etwas ändern: Emilie Wisson hat als Geschäftsführerin zusammen mit vier Gastro-Unternehmen das Ruder übernommen. Im Rahmen einer dreijährigen Testphase will die Stadt als Eigentümerin herausfinden, wie der Ort einmal saniert werden soll.
Bis es soweit ist, öffnet Wisson zwischen April und Oktober jeden Tag zwischen 9 und 19 Uhr die «Orangerie Elfenau». Freitags und samstags sperrt Wisson erst um 22 Uhr das Lokal zu. Es ist im Vergleich zu vorher kaum wiederzuerkennen. Versprühte der Ort einst den Charme einer Badi-Beiz oder eines Gewächshauses, schenkte Wisson ihm eine gewisse Weltläufigkeit – irgendwo zwischen Wiener Kaffeehaus, Berliner Industrie-Loft und französischem Bistro.
Gerade Letzteres kommt nicht von ungefähr: Wisson stammt aus dem Elsass und hat sich nach einer Karriere bei den SBB dafür entschieden, das Wirtepatent zu machen. Die Verbindung zu Frankreich zeigt sich auch auf der Speisekarte. Es warten etwa eine Tartelette tatin aux tomates cerises oder eine Soupe de poisson safranée auf hungrige Gäste. Weil die Orangerie Elfenau über keine eigene Küche verfügt, bezieht sie die Gerichte vom Unternehmen Gourmetbox, das Menüs in die Elfenau liefert. Für gewisse Zutaten greift die Gastronomin auch auf den Elfenauhof in direkter Nachbarschaft zurück.
Ansonsten trifft man in der Orangerie als Berner*in auf Altbekanntes: Die Glacé kommt von der Gelateria di Berna, welche mit einem Stand vertreten ist. Der Kaffee wird dagegen von der Rösterei «derkaffee» aus dem Emmental bezogen. Am 26. und 27. April eröffnet das Bistro offiziell mit einem Fest. Spätestens dann dürfte die Orangerie ihren Platz auf der kulinarischen Landkarte Berns gefunden haben.
Und jetzt noch zu anderen Themen des Tages:
- Musik: Die 22-jährige Berner Rapperin Soukey ist weiblich, Schwarz, queer und in der Hip-Hop-Szene hoch im Kurs – sie hat sich dem Autotune-Stil verschrieben, bei der die Stimme über einen Computer verzerrt wird. Erst im März hat sie ihr erstes Album veröffentlicht, morgen Freitag tauft sie es im Dachstock der Reitschule. Meine Kollegin Andrea von Däniken war mit Soukey vor einem Konzert unterwegs und hat eine Frau getroffen, die ihre Bühnenkunst bereits in jungen Jahren sehr genau verorten kann und weiss, wohin sie damit will.
- Kolumne: Wie oft warst du an diesen Sonnentagen auf dem Balkon? Es kann sich glücklich schätzen, wer einen solchen sein Eigen nennen kann, findet unsere «Bärnoise»-Kolumnistin Patricia Michaud. Mittlerweile verbringt sie sogar Wintertage im Outdoor-Teil ihrer Wohnung. Warum sie für ein Leben mit Balkon auch bereit ist, finanziell an die Schmerzgrenze zu gehen, kannst du in ihrer französischsprachigen Kolumne nachlesen.
- Wirtschaft: Die Standortförderung des Kantons Bern hat im vergangenen Jahr 131 Projekte mit insgesamt 24,6 Millionen Franken unterstützt. Die geförderten Unternehmen planen laut Mitteilung der kantonalen Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektion 1400 neue Arbeitsplätze zu schaffen und rund 340 Millionen Franken zu investieren. Die Unterstützungsgelder fliessen nicht nur an klassische Industrieunternehmen, sondern auch an Initiativen wie die Schlossfestspiele Laupen oder die Swiss Athletics Night.
- Kundgebung: Mit einer Aktion auf dem Berner Bundesplatz haben Klimaaktivist*innen am Mittwoch zusätzliche Massnahmen gegen die Erderwärmung gefordert. Gemäss einem Reporter der Nachrichtenagentur Keystone-SDA waren 400 Personen anwesend. Sie enthüllten einen 2,5 Tonnen schweren «Stein des Anstosses». Anlass war der erste Jahrestag der Verurteilung der Schweiz durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die meine Kollegin Flavia von Gunten hier aus Berner Perspektive eingeordnet hat.
- Ernährung: Der Studierendenrat der Universität Bern hat eine Motion angenommen, die ein rein pflanzliches Angebot in den Mensen fordert. Die Universitätsleitung lehnt einen vollständigen Verzicht auf tierische Produkte jedoch derzeit ab, wie Recherchen von BZ/Bund (Abo) zeigen. Die überwiesene Motion geht auf die Vereinigung der «Plant-Based Universities» zurück, die sich europaweit für eine Umstellung auf pflanzliche Verpflegung an Universitäten einsetzt.
- Nationalbank: Der Bundesrat hat den Berner Regierungsrat Christoph Ammann zum neuen Vizepräsidenten des Bankrats der Schweizerischen Nationalbank (SNB) gewählt. Er wird seine neue Aufgabe per 1. Mai 2025 für die Amtszeit bis 2028 übernehmen, wie die Bundeskanzlei am Mittwoch mitteilte. Ammann ist bereits seit 2019 Mitglied des Bankrats, der die Geschäftsführung der Nationalbank beaufsichtigt und kontrolliert. In Bern tritt der Sozialdemokrat 2026 nicht mehr zur Wiederwahl in die Kantonsregierung an.
- Barrieren: In einer gemeinsamen Recherche mit dem gemeinnützigen Medienhaus «Correctiv in der Schweiz» will die «Hauptstadt» herausfinden, welchen Barrieren Berner*innen in ihrem Alltag begegnen. Auch du kannst Teil dieser Bürger*innen-Recherche werden. Auf dieser Online-Karte kannst du alle Barrieren eintragen, die dir begegnen. Ganz unkompliziert. Es dauert nur zwei Minuten und klappt auch anonym.
- Stalking: Die Stalking-Beratung der Stadt Bern hat 2024 mehr Meldungen verzeichnet: 139 Personen suchten Hilfe – 41 mehr als im Vorjahr. Die Zunahme sei darauf zurückzuführen, dass die Thematik vermehrt ins öffentliche Bewusstsein rücke, teilte die Fachstelle gestern mit. Die Fachstelle erhebt neu auch Zahlen über die Involviertheit von Kindern, wenn es im Rahmen einer Ex-Partnerschaft mit gemeinsamen Kindern zu Stalking kommt.
- Jubiläum: Die Gemeinde Schwarzenburg feiert im laufenden Jahr ihr Tausendjahrjubiläum – allerdings fünf Jahre zu früh. Dies hätten Recherchen für eine Jubiläumschronik ergeben, meldet die Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Demnach sei Schwarzenburg nicht wie angenommen 1025, sondern 1030 zum ersten Mal urkundlich erwähnt worden. Feiern will die Gemeinde aber trotzdem. Die Arbeiten an Buch und Feierlichkeiten seien schon zu weit fortgeschritten hiess es von Seiten des Organisationskomitees 1000 Jahre Schwarzenburg.
PS: Wer keine uniformen Ostereier aus dem Supermarkt möchte, muss selbst zum Pinsel greifen. Am Thunplatz kann man das diesen Samstag sogar unter Anleitung tun. Los geht es um 14 Uhr – Material zum Malen und Verzieren wird bereitgestellt.