Das Spektakel hinter der Bühne

Bühnen Bern will grosse Kunst ins Theater bringen, aber das Publikum fremdelt. Was macht das mit den Menschen, die für die hochsubventionierte Kulturinstitution arbeiten? Gelingt das grosse Miteinander, das Intendant Scholz für die nächste Saison propagiert, im eigenen Betrieb? Vorhang auf für Akt II!

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Die Saison von Bühnen Bern war durchzogen. Ist die neue Leitung noch nicht ganz in Bern angekommen? (Bild: Danielle Liniger, Mai 2022)

«Buongiorno!» Florian Scholz, Intendant von Bühnen Bern, ist aus dem Hintereingang des Stadttheaters gestürmt, über die Strasse, und schliesst die Türe zur Schneiderei auf, die sich an der Predigergasse befindet. Die Angestellten arbeiten an den Kostümen für die nächste Spielzeit; Scholz prüft ein Kleid, das in der Oper «Sycorax» getragen werden wird. «Die Details müssen stimmen», sagt Scholz, «die Zuschauer*innen sehen, wenn eine Naht nicht sauber genäht ist. Hier sind echte Meisterinnen am Werk.»

Scholz führt die «Hauptstadt» durchs Theater, er will zeigen, dass die 38-Millionen-Subvention für Bühnen Bern eng ist, wenn man Bern «gesellschaftliche Relevanz und künstlerische Exzellenz» bieten solle. Er erinnert daran, dass 2007 die drei Bühnen der Vidmarhallen dazu kamen, ohne dass man die Zahl der Bühnenarbeiter*innen erhöhte. Gleichzeitig habe das Publikum heute im Vergleich zu den 1980er-Jahren höhere Ansprüche an die Bühnenbilder. Der Aufwand, sie zu wechseln, sei dementsprechend grösser, was wiederum die Häufigkeiten, die Bühnen zu bespielen, einschränke.

In der Männerschneiderei hängt ein weisser Overall über einer Schneiderpuppe, die Masse des Schauspielers, der ihn tragen wird, sind noch nicht bekannt. Er kommt erst im Herbst nach Bern. Scholz stellt sich neben die Puppe; er würde gut in den Overall passen.

Jungstar Nicholas Carter

In der eben zu Ende gegangenen Saison 21/22, der ersten, die das von Scholz neu zusammengestellte Leitungsteam vollständig absolvierte, kam viel Brillanz nach Bern. Der neue Opern-Co-Leiter und Dirigent Nicholas Carter zum Beispiel. Ihm steht eine grosse Zukunft offen. Sie wird nicht in Bern sein, und das ist auch nicht so schlimm. Bereits jetzt ist Carter oft abwesend und dirigiert an den ganz grossen Häusern, so zuletzt an der Metropolitan Opera (MET) in New York die zeitgenössische Oper «Hamlet». Aus diesem Grund wurde er an der Jahresmedienkonferenz Mitte Mai etwas müde per Bildschirm aus New York zugeschaltet.

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An der Jahresmedienkonferenz war Nicholas Carter per Video zugeschaltet. (Bild: Danielle Liniger)

Es ist die vielleicht einzig mögliche Strategie, Weltklasse nach Bern zu bekommen: Indem man aufstrebende Stars holt und ihnen vertraglich die Möglichkeit gibt, auch anderswo zu inszenieren oder zu dirigieren. Nicht zuletzt deshalb wurde Carter ziemlich kurzfristig noch ein Co-Opern-Leiter zur Seite gestellt, Rainer Karlitschek. Auch Florian Scholz selber kommt von der Oper. Drei Chefs für sechs Produktionen, dazu noch ein externen Castingchef. Viel Leitungspersonal für die teure Sparte.

Einer «der bescheidensten Menschen, die ich kenne», sei Carter, sagt Florian Scholz, zurück in seinem Büro: «Bern profitiert von Carters Erfolg.» Auch Orchestermitglieder äussern sich gegenüber der «Hauptstadt» in fast exakt den gleichen Worten über den jungen Stardirigenten. Scholz versteht nicht, dass in Bern das Engagement Carters kritisiert wird, weil er auch anderswo dirigiere und deshalb Abwesenheiten habe.

Nicholas Carter habe den gleichen Vertrag wie sein Vorgänger, der frühere Chefdirigent Oper Kevin John Edusei, sagt der Intendant. Die Bedingungen seien transparent und klar. Bühnen Bern verlange von Carter pro Saison die musikalische Leitung von zwei Opern, dazu eine bestimmte Anzahl – mindestens eines – symphonische Konzerte. Bei der zeitlichen Disposition beanspruche Bühnen Bern Priorität. Was Carter in der verbleibenden Zeit mache, sei seine Sache.

Es sei eine «absolute Illusion, dass Carter nach Bern gekommen wäre, wenn man ihn genötigt hätte, in seiner aufführungsfreien Zeit in seiner Wohnung in Bern zu bleiben, anstatt in New York zu dirigieren», sagt Scholz.

Für die Bundesstadt ist Bühnen Bern zu gross. Für grosse Kunst ist Bühnen Bern zu klein. Das ist Berns Dilemma, das die Personalie Carter veranschaulicht. Es ist die strategische Aufgabe des siebenköpfigen Stiftungsrats mit Präsidentin Nadine Borter, Antworten zu finden auf die Frage, ob Bühnen Bern ungenügend ausgestattet ist für die steigenden Ansprüche, die Stadt, Kanton und Regionalkonferenz stellen. Im ersten Teil der dreiteiligen «Hauptstadt»-Recherche argumentierte Intendant Florian Scholz, Bühnen Bern sei trotz Jahressubventionen der öffentlichen Hand von 38 Millionen Franken «unterfinanziert».

Die Frage der Transparenz

Ein zentraler Aspekt, um den Bühnen Bern und die Berner Öffentlichkeit immer wieder ringen, ist die Transparenz – gegen innen und gegen aussen. Man könnte meinen, dass die Anforderungen an die Transparenz bei einem hochsubventionierten Betrieb besonders hoch sein müssten. Diese Frage warfen die Stadträt*innen Bettina Jans-Troxler (EVP) und Manuel C. Widmer (GFL) in einem Vorstoss auf, der vor zwei Wochen im Parlament behandelt wurde. Die Stadtregierung hielt in ihrer Stellungnahme fest, dass «die Öffentlichkeit ein Anrecht auf Transparenz bei der Verwendung von Steuergeldern» habe. Und weiter: «Dieses Anrecht auf Transparenz besteht bei Bühnen Bern, weil sie von der Öffentlichkeit subventioniert und dem Öffentlichkeitsprinzip verpflichtet sind.»

Auch Mitarbeiter*innen von Bühnen Bern finden das nötig. «Unsere Stiftungsratspräsidentin sehe ich nie. Dabei sind wir gut subventioniert. Und weder innen noch aussen wissen die Leute, was wirklich abgeht», moniert zum Beispiel eine langjährige Mitarbeiterin.

Gegenüber der Jungfrauzeitung, deren Kulturautor Peter Wäch Bühnen Bern wegen der Programmierung der Oper- und Schauspielsparte scharf kritisiert, hat Nadine Borter am Samstag eine kurze Stellungnahme abgegeben: «Wir sind selbstverständlich in ständigem Austausch mit der Leitung des Theaters und Orchesters, deren Arbeit wir voll unterstützen und mittragen», hält sie unter anderem fest. «Das sorgfältige Mitverfolgen des Geschehens bei Bühnen Bern gehört zu den Aufgaben des Stiftungsrates», so Nadine Borter weiter: «Auch in Zukunft wird der Weg zum Erfolg von Bühnen Bern ein Streben nach höchster künstlerischer Qualität sein, so wie dies gegenwärtig der Fall ist, also Regisseurinnen, Regisseure, Choreografinnen, Choreografen, Dirigentinnen und Dirigenten der ersten Garde und Bühnenkünstlerinnen und Bühnenkünstler von Weltformat.»

Die «Hauptstadt» hat in den letzten Monaten zahlreiche Gespräche mit aktuellen und ehemaligen Mitarbeitenden, mit wohlwollenden, aber zugleich kritischen Begleiter*innen von Bühnen Bern geführt. Niemand möchte mit Namen zitiert werden oder sich mit Statements exponieren – zu gross ist die Angst, Job oder Ruf aufs Spiel zu setzen. Und niemand möchte Argumente dafür liefern, dass Bühnen Bern Schaden nehmen und die finanzielle Unterstützung verlieren könnte. Doch aus diesen Gesprächen ergibt sich das Bild einer Institution, die auf der Bühne immer wieder ganz grosses Theater bietet, während hinter den Kulissen vieles am Brodeln ist.

«Wie wollen wir leben?»

Dabei müssen sich auch Bühnen Bern selber kritische Fragen in dieser Debatte gefallen lassen. Leben Bühnen Bern im Inneren die Ansprüche, die mit dem neuen Jahresmotto «Wie wollen wir leben?» als Plädoyer für ein grosses Miteinander nach aussen getragen werden? Holt das Haus wirklich genug aus den Mitteln heraus, die ihm von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden? Und bringt es als deklariertes Theater für alle die Stoffe auf die Bühne, von denen sich das Berner Publikum angesprochen fühlt?

Kulturdebatte

Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) wünschte sich bei der Präsentation der Kulturbotschaft, in der die Verteilung der Kulturgelder ab 2024 festgelegt wird, eine Debatte nicht nur über Geld, sondern über Kultur. «Ist Bern bereit dafür?», fragte die«Hauptstadt» und publiziert als Beitrag dazu eine dreiteilige Begegnung mit Bühnen Bern, der mit Abstand grössten Berner Kulturinstitution. Die Kulturbotschaft wird in den nächsten Monaten öffentlich diskutiert, im Februar 2023 befindet der Stadtrat darüber, nachher das Volk in einer Abstimmung. Dann ist für die nächsten vier Jahre klar, wer wieviel Geld erhält. Der Zeitpunkt für die Auseinandersetzung ist: jetzt.

Einer, der Bühnen Bern aufmerksam verfolgt, ist Ernst Gosteli, früherer Verwaltungsdirektor des Stadttheaters und späterer Mitgründer des Theaters an der Effingerstrasse. Er ist ein Theaterfreund und wurde vor wenigen Tagen sogar zum Ehrenmitglied des «Clubs Bühnen Bern» ernannt, wie die Fördervereinigung «Freund*innen des Stadttheaters» neuerdings heisst. Gosteli besucht praktisch sämtliche Premieren, und er verzichtet darauf, gegenüber der «Hauptstadt» Stellung zu nehmen. Er stellt lediglich statistisches Material zur Verfügung, das er selber erhoben hat.

Gosteli führt seit Jahren Buch, wie häufig – oder eben: wie selten – Bühnen Bern Vorstellungen im sogenannt «grossen Haus», also dem Stadttheater, ausrichten. Es sind tatsächlich wenige. So war das Theater im Mai 2022 an lediglich 5 Tagen offen, im April an 11, im März waren es deren 12, im Februar 10.

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Imposantes und aufwändiges Bühnenbild bei «Idomeneo». (Bild: Florian Spring)

Dafür hat die «Hauptstadt» teilweise Erklärungen gefunden. Im Mai fiel die Oper «Liebesgesang» aufgrund einer Erkrankung ganz aus. Das wären drei zusätzliche Vorstellungen gewesen. Auch Proben und der Umbau von aufwändigen Bühnenbildern brauchen Zeit. Das wird beim imposanten Bühnenbild von «Idomeneo» deutlich, das im Wesentlichen aus zahlreichen filigran gearbeiteten, detailreichen Leinwänden besteht, die immer wieder hoch- und runtergefahren werden. An wöchentlichen Dispositionssitzungen werden die Slots für die verschiedenen Häuser, Bühnen und Proberäume genau verteilt. Es ist wie Tetris. Was passt wann wo, wer wird eingesetzt, wo gibt es ein Loch?

Allerdings zeigt ein Blick auf das Programm des Opernhauses Zürich, dass dort an einem Abend «Le Nozze di Figaro» und am nächsten Nachmittag um 14 Uhr bereits «Tristan und Isolde» gespielt wird. Tetris auf einem schnelleren Level sozusagen. Kann wirklich nur Zürich dieses Level spielen?

Die Folgen der Pandemie

Das Paradoxe bei den Vorstellungen im Stadttheater: Bei jeder Vorstellung, die nicht gespielt wird, insbesondere wenn sie nicht vor vollen Rängen stattgefunden hätte, spart das Theater Geld. Salopp gesagt: Es wird ein riesiger Apparat am Laufen gehalten, der am billigsten ist, wenn möglichst wenig produziert wird.

Dazu kommt, dass das Publikum nach Corona nur zögerlich zurück in die Theatersäle findet. Das zeigen auch Aussagen von Mitarbeitenden. «Wir haben Publikumsschwund», sagt eine langjährige Mitarbeiterin. «Das kann man nicht nur auf die Pandemie abwälzen. Wir müssen deswegen Vorstellungen absagen und zusammenlegen.» So zum Beispiel geschehen beim Theaterstück «Jugojugoslavija».

Die «Hauptstadt» fragte Bühnen Bern nach den aktuellen Auslastungszahlen. Die Medienstelle wollte sie jedoch nicht bekannt geben. Auch die Anzahl der abgesagten Vorstellungen kommuniziert sie nicht. «Aussagefähige Zahlen zu den Auslastungen in unseren Sparten werden wir erst mit unserem Geschäftsbericht 2021/22 im Herbst veröffentlichen können», teilt die Medienverantwortliche, Chloé Laure Reichenbach, mit.

Es ist das Recht von Bühnen Bern, Zahlen nicht bekannt zu geben – aber wäre es, sofern man den Verweis der Berner Stadtregierung auf das Öffentlichkeitsprinzip ernst nimmt, nicht angebracht, wenn es bei der grössten Kulturinstitution des Kantons mehr Transparenz geben würde? Schliesslich zahlen die Berner*innen für jede Vorstellung mit ihren Steuergeldern. Auch wenn sie nicht durchgeführt wird.

Anpassungsschwierigkeiten

Fremdelt das Publikum mit der neuen Leitung um Florian Scholz, die seit einem Jahr am Werk ist? Sind es die normalen Kennenlernschwierigkeiten oder steckt da mehr dahinter? «Alle sagen, es sei ein sehr komisches Jahr», sagt zum Beispiel eine Mitarbeiterin. «Eine Mischung zwischen Post-Pandemie und neuer Direktion, die Bern noch nicht spürt.» Eine andere meint: «Früher war es ein Miteinander, jetzt nicht mehr. Die neue Leitung spürt nicht, dass es um Mitarbeiter*innen, ums Publikum, um die Stadt geht. Man spürt nicht, dass sie in Bern Theater machen wollen.»

Vielleicht braucht die neue Leitung einfach noch ein wenig Zeit, um in Bern anzukommen? In diese Richtung äussern sich auch Mitarbeitende, die sich zwar um das Theater sorgen, aber auch mahnen, dass das neue Team erst das Publikum und das Berner Lebensgefühl spüren müsse. «Die neuen Leitungsmitglieder sagen immer: Bern ist langweilig, da muss etwas gehen. Aber ich habe das Gefühl, sie verstehen Bern noch gar nicht richtig», meint ein langjähriger Angestellter.

Es gibt noch Anpassungsschwierigkeiten. Und da helfen die vielen Abwesenheiten nicht.

Wie Nicholas Carter ist auch der neue Schauspielchef Roger Vontobel oft nicht da. Zuletzt inszenierte er in Mannheim den «Fliegenden Holländer». Eine Operninszenierung beansprucht sechs Wochen Probezeit. Doch auch bei Vontobel, der zwar Schweizer ist, sich aber in Deutschland einen Namen gemacht hat, war von Anfang an klar gewesen, dass er weiterhin an anderen Häusern inszenieren will. Vermutlich hätte er sonst gar nie einen Vertrag unterschrieben. Nicht zuletzt darum hat er Chefdramaturgin Felicitas Zürcher an seiner Seite. Sie hält in Bern die Fäden zusammen, wenn Vontobel anderswo arbeitet. Wenn Bern Exzellenz nach Bern holen will, muss es Kompromisse eingehen.

Auf dem Papier ist also alles organisiert. Doch mit den Strukturen tun sich noch beide Sparten schwer: Es gibt zu viele Personen, die etwas zu sagen haben. Und nicht alle sagen dasselbe. «Mir fehlt eine längerfristige Planung, klare Abläufe; das würde auch Geld sparen, wenn man nicht immer wieder plötzlich umplanen muss», sagt eine Mitarbeiterin.

Branding und Rebranding

Obschon von aussen kaum bemerkt, gibt intern auch das Rebranding zu reden, also Aufbau und Positionierung der neuen Marke Bühnen Bern, die den etwas schwerfälligen Begriff Konzert Theater Bern seit der eben zu Ende gegangenen Saison ersetzt. Denn auf die kommende Saison hin wird ein Teil des Rebrandings von letztem Sommer bereits wieder rückgängig gemacht. Das wurde an der Jahresmedienkonferenz im Mai bei den Präsentationen ersichtlich. «Wir werden uns jedes Jahr kommunikativ weiterentwickeln. Auf der Bühne und in der Aussenkommunikation», begründete Intendant Florian Scholz damals auf Anfrage.

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Die Fahnen von Bühnen Bern mit dem Brand der zu Ende gegangenen Saison. (Bild: Danielle Liniger)

Das grosse Rebranding vor einem Jahr wurde von einer Agentur umgesetzt, die im wesentlichen aus einer Person bestand. Im Herbst 2020 erhielt sie den Auftrag, einen neuen Brand und Look für das damalige Konzert Theater Bern zu entwickeln. Dabei war der Auftrag komplex: Neben dem neuen Namen und Aussehen brauchte es auch eine neue Website und Printprodukte. Die Website für das Rebranding war vor der Theater-Pause im letzten Sommer nicht fertig, es wurde noch im Herbst viel geändert.

Und nun ist in der laufenden Saison eine neue Agentur ins Spiel gekommen, die das ganze Design noch einmal in Frage stellt. Respektive für die «kommunikative Weiterentwicklung» zuständig ist. Es handelt sich um die Agentur Wapico aus der Berner Lorraine. Sie hatte ursprünglich nur den Auftrag, den aktuellen neuen Brand Bühnen Bern weiterzuentwickeln und das Webdesign benutzerfreundlicher zu gestalten. Die Kosten dafür sind öffentlich nicht bekannt.

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Medienkonferenz vor dem überarbeiteten Brand. (Bild: Danielle Liniger)

Auffallend ist, dass es im ersten Jahr des neuen Leitungsteams auch während der Saison zahlreiche Abgänge gab. «Schlüsselpositionen mussten mitten in der Saison neu besetzt werden. Wie gehen wir miteinander um?», werfen Mitarbeiter*innen auf. Sie sprechen den Abgang der erfolgreichen Tanzchefin Estefania Miranda an, um den zahlreiche Gerüchte kursieren. Die offizielle Version: Sie hörte im Herbst aus gesundheitlichen Gründen per sofort auf. Dazu kommt der Abgang der Kommunikationschefin im Winter.

«Warum sagt niemand etwas?»

Diese beiden Frauen waren die einzigen in der 10-köpfigen Geschäftsleitung (und sind mittlerweile ersetzt durch Kommunikationschefin Claudia Brier und die neue Tanzchefin Isabelle Bischof). Intern Fragen aufgeworfen hat auch, dass im Bereich Marketing, Ticketing und Kommunikation weit über die Hälfte des Teams während der Saison kündigte.

«Warum sagt niemand etwas?», fragen sich Mitarbeiter*innen von Bühnen Bern. Natürlich, an allen Theatern auf der Welt komme es bei einem Intendant*innenwechsel zu vielen Abgängen und Neubesetzungen. Aber speziell sei, dass sie mitten in der ersten Spielzeit von Scholz gegangen seien. Mitarbeiter*innen finden, es gebe zu wenig Wertschätzung. Es werde zwar gesagt, man schätze die Leute, aber man spüre das nicht.

Eine Mitarbeiterin sagt: «Es ist Tabula Rasa, alles was war, wurde umgestossen. Ich habe das auch schon bei früheren Leitungswechseln erlebt. Und trotzdem frage ich mich: Ist das nötig? Kann man nicht einfach Sachen, die gut laufen, beibehalten? Muss man immer alles umstürzen?»

Wie heftig darf man über Bühnen Bern streiten? Ein Blick zurück zeigt: Es gab in den letzten 30 Jahren radikale Vorschläge fürs Stadttheater.

Morgen Dienstag erscheint Akt III: Die Kulturdebatte, die Bern braucht.

Mitarbeit: Joël Widmer

Zur Transparenz: Hauptstadt-Co-Redaktionsleiterin Marina Bolzli hat von Februar bis September 2021 als Kommunikationsverantwortliche bei Bühnen Bern gearbeitet.

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Diskussion

Unsere Etikette
Simon Lieberherr
04. Juli 2022 um 15:22

ja, als (eher kleiner) Steuerzahler möchte ich von hinten bis vorne wissen wer wieviel für was ausgibt und verdient. Das muss der Deal sein, finde ich .

Ich sage auch gern allen die es wissen wollen was mein Monatslohn ist.