Gleichzeitigkeit – Hauptstadt-Brief #469
Dienstag, 27. Mai 2025 – die Themen: Fotografie; Bärnerbär; Palästina-Demo; Handball; Eishockey; Hochwasserschutz; Wahlen; Social Media.
Ich assoziiere Krieg mit Ausnahmezustand: mit bangem Ausharren, Flucht, Zerstörung, Lärm.
Aber Krieg ist auch Alltag. Es kann langweilig sein, im Krieg zu sein. Und manchmal ist Krieg eine Kuhherde, die friedlich grast – 15 Meter von der Frontlinie entfernt.
Die Gleichzeitigkeit von solchen kleinen, schönen Momenten mit der ganzen Grausamkeit sei teilweise kaum auszuhalten, sagt Viktor Holikov. Der Ukrainer ist seit eineinhalb Jahren für sein Land als Soldat im Einsatz. Der 40-jährige Fotograf sagt, er habe die Kontrolle über sein Leben abgegeben, als er in die Armee eingezogen wurde.
Seinen Alltag im Krieg dokumentiert er mit Fotos. Sie sind quasi sein Tagebuch. Denn es sind nicht nur die Momente flüchtig, die er festhält – sondern mitunter ganze Landstriche, die später zerstört werden.
Viktor Holikovs Bilder sind aktuell im Werkhof Egelsee ausgestellt. Er war in den letzten 20 Jahren oft in Bern unterwegs und hat viele Freund*innen hier. Drei von ihnen haben die Ausstellung organisiert. Sie trägt den Namen «Konsequenzen».
Am Wochenende war Holikov für die Eröffnung selbst vor Ort auf einem Kurzbesuch. Meine Kollegin Marina Bolzli sprach mit ihm, bevor er sich wieder auf den Weg in die Ukraine machen musste.
Der aus dem Gespräch entstandene Artikel macht für mich eindrücklich spürbar, wie der Krieg zur Normalität wird. Und trotzdem tiefe Wunden hinterlässt.
- Bärnerbär: Das Onlineportal Nau.ch kauft den Berner Gratisanzeiger Bärnerbär. Das Newsportal mit Sitz in Köniz übernimmt per 1. Juni die Aktienmehrheit an der Berner Medienhaus AG, die den Gratisanzeiger seit Anfang 2024 herausgibt. Das teilten die beiden Unternehmen gestern mit. Mein Kollege Jürg Steiner legt dar, was über die Hintergründe der Fusion bekannt ist.
- Palästina-Demo: Am Samstagnachmittag demonstrierten in Bern rund 2000 Menschen gegen den Krieg in Gaza. Bei der unbewilligten Demo kam es zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Demonstrierenden. Die Polizei teilte mit, Einsatzkräfte seien mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen worden, worauf sie unter anderem Tränengas, Gummigeschosse und Wasserwerfer eingesetzt hätten. Laut der Kapo Bern wurden sechs Polizist*innen verletzt. Das Kollektiv «Bern4Palestine» schreibt in einer Mitteilung von einem «massivem Gummischrot- und Tränengaseinsatz» der Polizei, bei dem mehrere Demonstrierende am Kopf getroffen worden seien. Es kam auch zu Sachbeschädigungen. Laut Bund/BZ brachen die Demonstrierenden zudem in ein Feuerwerksgeschäft an der Monbijoustrasse ein. Der Tram- und Busverkehr in der Stadt war über mehrere Stunden eingeschränkt.
- Handball: Der BSV Bern hat am Sonntag das dritte Playoff-Spiel gegen Kadetten Schaffhausen knapp verloren. Das Spiel endete mit 40:37 und wurde erst in der Verlängerung entschieden. Damit verteidigten die Schaffhauser ihren Schweizermeister-Titel zum vierten Mal in Folge. Die Berner schliessen eine erfolgreiche Saison als Vizemeister ab.
- Eishockey: Sportchef Patrik Bärtschi verlässt den SC Bern per sofort. Grund sind «unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der strukturellen und inhaltlichen Weiterentwicklung», wie der Club gestern in einer Mitteilung schrieb. Der SCB und «General Manager» Bärtschi hätten gemeinsam entschieden, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Sportdirektor Martin Plüss übernimmt die Funktion interimistisch, längerfristig sucht der Club aber nach einem neuen Sportchef.
- Hochwasserschutz: Die Stadt Bern kann mit der Umsetzung ihrer geplanten Schutzmassnahmen gegen Hochwasser beginnen. Im September sollen die Bauarbeiten im Gebiet Gaswerkareal und Marzili beginnen. Das kantonale Tiefbauamt hat drei von fünf Bauabschnitten am Aareufer genehmigt, wie die Stadt gestern mitteilte. Für die restlichen zwei sind noch Beschwerden hängig. Geplant sind unter anderem Ufer-Erhöhungen.
- Regierungsratswahlen: Für die Wahlen vom März 2026 schlägt die SP Oberaargau der Kantonalpartei zwei Kandidaten vor für einen Sitz in der Berner Kantonsregierung: Den Langenthaler Stadtpräsidenten Reto Müller und den Huttwiler Gemeindepräsidenten Adrian Wüthrich. Das berichten Bund/BZ von der Parteiversammlung von gestern Abend. Ende Juni wird die SP Kanton Bern entscheiden, welchen der beiden sie nominiert. Bei den Grünen hat am Sonntag der Nationalrat und Biobauer Kilian Baumann bekanntgegeben, dass er nicht kandidieren wolle.
PS: Morgen eröffnet die Reitschule ihre neue Gelateria «Eisbrecher» auf der Schützenmatte. Von 14 bis 15 Uhr gibt es Gratis-Glacé zum Degustieren, am Abend Musik.