Publibike – Hauptstadt-Brief #420
Donnerstrag, 30. Januar 2025 – die Themen: Tourismus; UNO-Ziele; YB; Parteipräsidien; Veloräumungen; Agrarforschung.
Bist du ab und zu mit einem Publibike unterwegs? Ich bin ein grosser Fan dieser klobigen Göppel. Erst vor wenigen Tagen bin ich auf einem zum Europaplatz geflitzt, weil ich auf den Zug musste und knapp dran war.
Die Berner Leihvelos sind beliebt: 1,7 Millionen Fahrten verzeichnete das Unternehmen 2024 allein in der Region Bern. Die Stadt will den auslaufenden Leistungsvertrag mit Publibike bis 2033 verlängern. Zudem ist ein Ausbau des Netzes geplant. Die Stadtberner Stimmberechtigten entscheiden dazu am 9. Februar über einen Gesamtkredit von 7,6 Millionen Franken.
Als das Publibike-Angebot 2018 lanciert wurde, war das für die Stadt noch kostenlos. Sie musste lediglich die nötigen Velo-Abstellflächen zur Verfügung stellen. Weil der Betrieb bisher aber stark defizitär war, verlangt Publibike künftig öffentliches Geld.
Immerhin: Die Stadt knüpft ihre finanzielle Beteiligung an die Bedingung, dass Publibike-Fahrten günstiger werden. Konkret sollen sie sich am Fahrpreis für den ÖV orientieren. Durch die staatlichen Preisvorgaben und die städtische Finanzierung wird das Angebot der inzwischen komplett privatisierten Publibike AG somit zu einer Art Service public. Die Stadt Bern stellt neben den – zweifellos wichtigen – Velorouten gleich auch noch das Fahrrad zur Verfügung, für städtische Mitarbeitende sogar weitgehend kostenlos.
Ob öffentliche Gelder in dieser Form sinnvoll eingesetzt werden, ist aus meiner Sicht fraglich. Und so gerne ich selbst das Publibike-Angebot nutze, so sehr zweifle ich an der ökologischen Nachhaltigkeit: Als ich kürzlich die 900 Meter zum Europaplatz mit dem Mietvelo zurücklegte, geschah dies aus reiner Bequemlichkeit. Ich hätte auch mein eigenes Velo nehmen können. Aber dann hätte ich dafür sorgen müssen, dass ich auf dem Rückweg zwingend wieder am Europaplatz vorbeikomme. Stattdessen habe ich mir ein Publibike ausgeliehen. Mein eigenes Velo blieb an diesem Tag ungenutzt im Keller.
Und jetzt noch zu anderen Themen des Tages:
- Nachhaltiger Tourismus: Geograf Markus Nauser von den Klima-Grosseltern Region Bern hat das Angebot von 13 Schweizer Reiseanbieter*innen auf ihre Klimaverträglichkeit hin untersucht. Mein Kollege Nicolai Morawitz hat bei ihm nachgefragt, was dieses neue Ranking aussagt.
- Viel Tourismus: Beim Staubbachfall in Lauterbrunnen stehen 13 neue WC, im Grenzgebiet zwischen den Kantonen Bern und Solothun spürt man dank Lavendelfelder einen Hauch von Provence und Bern Welcome hat einen Werbefilm im ÖV gedreht: Am Hauptsachen-Talk gestern Abend im Progr zeigten Tourismus-Fachleute interessante Einblicke in die Branche und diskutierten lebhaft über Overtourism und die grosse Klimafrage rund ums Fliegen. Eine Zusammenfassung der Diskussion publizieren wir heute im Verlauf des Tages auf hauptstadt.be.
- UNO-Ziele: Die Stadt Bern hat laut einer Medienmitteilung erstmals ihren Beitrag zu den sogenannten Sustainable Development Goals (SDG) der vereinten Nationen UNO ausgewiesen. Viel mache die Stadt im Bereich Grundinfrastruktur. Eher noch am Anfang stünden die Bemühungen der Stadt Bern im Bereich der nachhaltigen Wirtschaft. Es gebe aber auch hier Beispiele für Fortschritte: So konnten einige Stahlträger der alten Festhalle in Wasserleitungsprojekten wiederverwendet und so nicht eingeschmolzen werden.
- YB: Das Männerteam von YB verabschiedet sich ohne Punkt aus der Champions League. Es verlor gestern Abend auch das letzte Spiel gegen Roter Stern Belgrad mit 0:1.
- Präsidium I: Das Co-Präsidium der Grünen Freien Liste (GFL) tritt zurück. Tanja Miljanović und Matthias Humbel geben ihr Amt laut einem Bericht von Bund/BZ noch dieses Jahr ab. Für Miljanović kommt für die neue Parteiführung auch ein weniger hierarchisches Modell als bisher in Frage. Der grünen Berner Stadtpartei steht somit ein grosser Umbruch bevor: Bis Ende April will sie zusätzlich entscheiden, ob sie dem Bündnis Rot-Grün-Mitte (RGM) den Rücken kehrt. Dabei stehen mehrere Optionen zur Diskussion: der Verbleib bei RGM, ein Alleingang oder das Anstreben eines «grünen Blocks» ausserhalb der bestehenden Bündnisse. Hintergrund dieser Debatte ist unter anderem die Enttäuschung über die Direktionsverteilung, die GFL-Gemeinderat Alec von Graffenried im «Hauptstadt»-Interview geäussert hatte.
- Präsidium II: Meret Schindler tritt als Co-Präsidentin der SP Stadt Bern ab, weil sie künftig in der Direktion von Parteikollege Matthias Aebischer arbeiten wird. Schindler tritt eine Stelle als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Generalsekretariat der Tiefbaudirektion an. Sie hat die SP Stadt Bern gemeinsam mit Lena Allenspach während vier Jahren geleitet. Noch ist offen, wie das künftige SP-Präsidium aussehen wird.
- Veloräumungen: Ab 2026 gilt im ganzen Umfeld des Bahnhofs Bern auf dem öffentlichen Grund für Velos eine maximale Parkdauer von drei Tagen. Das schreibt der Gemeinderat zu einem Vorstoss der CVP. Ab dann werden widerrechtlich oder zu lang parkierte Velos vermehrt in Räumungsaktionen von der Kantonspolizei entfernt. Zuvor wird jeweils mittels Plakatkampagne auf die Räumung hingewiesen. Abtransportierte Fahrräder können anschliessend drei Monate lang gegen eine Gebühr von 60 Franken bei der Kantonspolizei zurückgefordert werden.
- Agrarforschung: Die Fenaco und die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften in Zollikofen verstärken ihre Zusammenarbeit. Erstere stellt künftig jährlich 150'000 Franken für angewandte Forschungsprojekte zur Verfügung, wie sie am Mittwoch mitteilte. Die Fenaco ist eine Agrargenossenschaft mit Sitz in Bern. Ihre Mitglieder sind 145 landwirtschaftliche Organisationen, die meist unter der Marke Landi auftreten.
PS: Eine «kleine Talentshow» im Les Amis an der Rathausgasse, ein Jazz-Trio im Zollyphon in der Agglo oder ein Sonntagsrätsel an der Effingerstrasse: Mit unserem kuratierten Ausgehkalender «Bärner Nachtläbe» startest du dank einer schönen Auswahl an Veranstaltungen bestens informiert ins Wochenende.